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Mit Umberto Bossi geht es der Lega Nord schlecht - ohne ihn aber noch schlechter.

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Rom/Wien - Es wird gewählt und keiner geht hin - ein plausibles Szenario für die Kommunalwahlen am kommenden Sonntag und Montag in Italien. In 1015 Gemeinden steht eine Neuwahl der Volksvertretung an, doch keine der arrivierten Parteien kann davon ausgehen, heil aus diesem Urnengang hervorzugehen, nachdem, wieder einmal, mehrere Korruptionsskandale erster Güte aufgedeckt wurden. Mehreren Umfragen zufolge wollen viele Italiener die Parteien bestrafen, indem sie erst gar nicht zur Wahl gehen.

Im traditionell föderalistisch bis separatistisch ausgerichteten Norden droht der bisherigen Hausmacht, der rechtspopulistischen Lega Nord, ein Debakel. Erst vor wenigen Wochen war eine Veruntreuung von Parteigeldern ruchbar geworden. Das führte sogar zum Rücktritt der Galionsfigur der Partei, Umberto Bossi.

In Umfragen stürzte die Lega Nord dann tief in den einstelligen Prozentbereich - vielleicht war das der Anstoß für Bossi, sich überraschend wieder zurückzumelden: Er kündigte nun den Rücktritt vom Rücktritt an und will Ende Juni wieder für die Führung der Lega Nord kandidieren.

Bossi bestritt seine persönliche Verwicklung in den Skandal um illegale Parteienfinanzierung: "Niemand hat Geld gestohlen, es wurden bloß Fehler gemacht." Er blieb dabei, von den Unregelmäßigkeiten im Umfeld von Schatzmeister Francesco Belsito und seiner Söhne Renzo und Riccardo nicht informiert gewesen zu sein. Ob Bossi allerdings bei den Kommunalwahlen den Verlust zahlreicher Bürgermeistersessel verhindern kann, ist mehr als fraglich.

In Nöten befindet sich auch der Popolo della Libertà: Seit Silvio Berlusconis Rücktritt als Ministerpräsident wirkt die Partei angeschlagen und orientierungslos. Nun kämpft man um einen Neubeginn. Sogar eine Umbenennung wird erwogen, um die Vergangenheit zu überwinden und in neues Fahrwasser zu kommen.

Aber auch der linke Partito Democratico (PD) blickt mit Sorge auf die Wahlen, befürchtet man doch einen Denkzettel für den Korruptionsfall Luigi Lusi. Der Ex-Schatzmeister der Formation Margherita, Senator Luigi Lusi, hatte Millionen veruntreut.

Frischen Wind bringt momentan nur der prominente Satiriker Beppe Grillo. Mit wilder weißer Mähne und struppigem Bart ist er zur Symbolfigur des unzufriedenen Italien geworden.

Interimspremier Mario Monti selbst schickt zwar keine Partei ins Rennen, dennoch ist die Wahl für ihn ein wichtiges Stimmungsbarometer. Nach anfänglichen Höhenflügen muss auch Monti auf den harten Boden der politischen Tatsachen zurückkommen, weil sein Programm zur Sanierung der Staatsfinanzen nicht nur mit Sparen funktionieren kann, sondern auch massive Steuerbelastungen nötig sind - und das goutiert kein Wähler. (gian/DER STANDARD Printausgabe, 3.5.2012)