Die Finanzierungsströme im Gesundheitswesen.

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Wo die Ärzte ihre Kittel aufhängen, das sollen sich Kassen und Länder künftig miteinander ausschnapsen.

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Als großen Durchbruch feierten die Gesundheitsreferenten der Bundesländer am Mittwoch in Graz, dass sie endlich eine umfassende Gesundheits- und Spitalsreform paktiert haben. Künftig soll das gesamte österreichische Gesundheitssystem gemeinsam von Bund, Ländern und Sozialversicherungsträgern geplant und gesteuert werden.

Auf Einladung der steirischen Gesundheitslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP) traf man sich zur außerordentlichen Sitzung, wo unter anderem eine 15a-Vereinbarung zwischen Ländern und Bund vorbereitet wurde. Seitens der Länder gab es dafür am Mittwoch einen einstimmigen Beschluss. Edlinger-Ploder glaubt, dass eine Einigung mit Bund und Sozialversicherungen "noch vor dem Sommer" zustande kommen könne. Die Reform soll schon mit 2013 wirksam werden.

Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) führte aus, welche Punkte der Reform künftig verhindern sollen, dass die Finanzierung des Gesundheitssystems aus dem Ruder laufe. Alle Gelder von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen sollen in einem "virtuellen Topf" verwaltet werden. Zudem sollen - auch in jeder Gemeinde - Ausgaben-Obergrenzen eingeführt werden, die das Wirtschaftswachstum nicht überragen dürften. Die Länder verpflichten sich somit zu einem Kostendämpfungspfad. Die vereinbarten Obergrenzen sind auch Teil des Stabilitätspaktes, über den die Finanzreferenten am Mittwoch ebenfalls in Graz verhandelten.

Alle an einem Tisch

Ein weiterer wesentlicher Punkt sei, dass in Zukunft "niedergelassene Ärzte und Spitäler als eine Einheit gesehen werden", so Pühringer, sprich: Länder und Kassen müssen sich zukünftig an einen Tisch setzen, wenn es darum geht, Spitäler und Kassenstellen zu planen, anstatt wie bisher weitgehend unabhängig voneinander zu agieren.

Um Verbindlichkeiten auf allen beteiligten Seiten zu gewährleisten, schlagen die Länder nun gemeinsam Sanktionsmechanismen vor, "damit alle Partner wissen, dass der vereinbarte Weg auch beibehalten werden muss", so Edlinger-Ploder. Neben pekuniären Strafen ist auch ein sogenannter Deeskalationsmechanismus vorgesehen, über den säumige Partner wieder auf den rechten Weg gebracht werden sollen. Wie das konkret aussehen wird, muss noch ausverhandelt werden.

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ), die gemeinsam mit Pühringer für die Länder mit dem Bund verhandelt, nannte das Grazer Papier im Gespräch mit dem STANDARD einen "Paradigmenwechsel". Damit würden nun "die Mauern zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Spitälern eingerissen". Nun folge die "beinharte Kleinarbeit" bei der Ausformulierung der 15a-Vereinbarung.

Niederösterreichs Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) plädiert dafür, dem Bund auch bei der Qualitätskontrolle mehr Kompetenzen einzuräumen, dieser solle für alle einheitliche Vorgaben machen. Außerdem sollen alle Stakeholder im Gesundheitssystem ihre Daten zur Verfügung stellen, um Transparenz herstellen zu können. Er gehe davon aus, dass die 15a-Vereinbarung im Herbst "unterschriftsreif" sei, sagte Sobotka dem STANDARD.

Rasches Treffen

Im Gesundheitsministerium blickte man am Mittwoch wohlwollend nach Graz: Man werde nun raschestmöglich ein Treffen der sechsköpfigen Reformgruppe einberufen, um alles unter Dach und Fach zu bringen, sagte ein Sprecher von Minister Alois Stöger (SPÖ). (Andrea Heigl/Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 3.5.2012)