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Die TV-Moderatoren hatten am Mittwoch Mühe, Ordnung in die Debatte zwischen Hollande (li.) und Sarkozy (re.) zu bringen.

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Möglicherweise der letzte große Auftritt als Staatsmann: Nicolas Sarkozy am 1. Mai vor der Kulisse des Pariser Eiffelturms.

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Paris - Zum Höhepunkt eines aufreibenden Wahlkampfes prallten Sarkozy und Hollande vor schätzungsweise 20 Millionen Fernsehzuschauern bei der einzigen direkten TV-Konfrontation aufeinander. Für Spannung sorgte der Umstand, dass der amtierende Präsident in den Umfragen zurückliegt, nur mit 47 Prozent der Stimmen rechnen kann und deshalb versuchen musste, das Steuer im letzten Moment herumzureissen.

Sarkozy provozierte Hollande gleich eingangs mit der Behauptung, "Lügen" zu verbreiten. Der Angesprochene gab zurück, der konservative Präsident habe die Franzosen während seiner fünfjährigen Amtszeit tief gespalten. Sarkozy kehrte das Argument um und erklärte, er sei von der Linken mit Franco, Pétain "und warum nicht Hitler" verglichen worden.

"Nicht ständig Opfer"

Der 57-jährige Sozialist antwortete: "Sie können sich nicht ständig als Opfer ausgeben." Sarkozy sei vielmehr schuld daran, dass Frankreich seit 2007 eine Million mehr Arbeitslose zähle, wobei die Krise längst nicht alles erkläre: In Deutschland habe die Arbeitslosigkeit weniger stark zugenommen. Sarkozy antwortete, das sei nur der Fall, weil Deutschland unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder "schon vor Jahren all die Reformen unternommen habe, die Sie heute verweigern".

Die beiden Moderatoren versuchten die oft gleichzeitig sprechenden Streithähne zu trennen, indem sie sich nach dem Wirtschaftsprogramm der beiden Kandidaten erkundigten. Sarkozys Vorschlag einer "sozialen Mehrwertsteuer" konterte Hollande mit dem Hinweis, das würde für ein Paar von Mindestlohnbezügern eine Mehrbelastung von 300 Euro im Monat bedeuten. Sarkozy erwiderte: "Ihr Programm besteht nur aus Steuern, Abgaben, Ausgaben und Defiziten. Wollen Sie, dass die Leute das Land verlassen?"

Hollande will "keine Austerität"

Hart argumentiert wurde auch in Sachen Eurokrise. Hollande warf Sarkozy vor, er habe "gegenüber Deutschland nicht standgehalten". Er selbst wolle "keine Austerität", sondern den Fiskalpakt neu verhandeln und Eurobonds einführen. Sarkozy entgegnete, Hollande stelle den deutsch-französischen Einklang und damit ganz Europa infrage. Es seien gerade links regierte Staaten wie Griechenland und Spanien, die am stärksten in die Rezession absackten, weil sie die Finanzen nicht im Griff hätten und deshalb höhere Zinsen zahlen müssten.

In der zweieinhalbstündigen Debatte vermochte sich schliesslich kein Kandidat einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen. Nach vier TV-Duellen während früheren Wahlkämpfen kannten sich die beiden Politiker und liessen sich vom anderen nicht destabilisieren. Hollande wirkte zwar persönlich gespannter, gab Sarkozys Angriffe aber systematisch zurück.

Unentschieden spricht für Herausforderer

Ein unentschiedener Ausgang kommt indirekt eher dem Sozialisten zu gute, denn für Sarkozy war das Duell die womöglich letzte Chance, das Blatt zu wenden. Auch die großen Vorgänger-Duelle zwischen Valéry Giscard d' Estaing und François Mitterrand oder zwischen Lionel Jospin und Jacques Chirac hatten jeweils keinen eindeutigen Sieger ergeben.

Das liegt auch daran, dass diese Rituale der französischen Demokratie so genau geregelt sind, dass die Bewerber kaum brillieren und nur verlieren können, wenn sie der Spannung nicht gewachsen sind. Die Sozialistin Ségolène Royal hatte 2007 ihrer Wut freien Lauf gelassen und damit prompt schlechter gewirkt als ihr Gegenspieler Sarkozy. Gewählt wird am Sonntag. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 3.5.2012)