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Niedrige Zinsen, dafür kein Risiko oder umgekehrt: So schaut es bei den Staatsanleihen aus.

Foto: AP/Bustamente

Wenn es an den Finanzmärkten einen Konsens gibt, dann sind sich Investoren einig, dass Staatsanleihen der Industrienationen ein äußerst unattraktives Investment sind. Entweder - wie im Falle Deutschlands, der USA und anderer AAA-gerateter Länder - sind die Zinsen so niedrig, dass sie die Inflation nicht ausgleichen, oder wie in Spanien oder Italien sind die hohen Renditen auch mit großen politischen Risiken verbunden. Umfragen unter Investmentprofis zeigen das genauso wie die Fondsflüsse in Österreich. In den ersten drei Monaten 2012 haben Anleger mehr als zwei Milliarden Euro aus Rentenfonds abgezogen, zeigen Daten der Vereinigung österreichischer Investmentgesellschaften. Wenn sogar der als Anleihen-Guru bekannte Fondsmanager Bill Gross dazu rät, mehr auf Aktien und reale Vermögenswerte umzuschwenken, dann ist die Anlageklasse wirklich unbeliebt.

Doch Anleihen bleiben zwangsläufig ein wichtiger Anteil jeder Anlagestrategie. Denn nur sie gewähren die Sicherheit von Kuponzahlungen und schwanken deutlich weniger stark als Aktien. Und die deutschen Bundesanleihen sind eine der wenigen Anlagen, die als sicherer Hafen angesehen werden. Gleichzeitig bieten sie aber nur eine Sicherheit, wie Alexander Froschauer von LGT Capital Management zu denken gibt: "Investoren kaufen sich nur eine Sicherheit ins Portfolio. Dass sie langfristig negative Realzinsen akzeptieren müssen." Denn die Zinsen sicherer Staatsanleihen bringen kaum mehr einen Inflationsausgleich. Daher suchen Fondsmanager Auswege aus der Welt der Niedrigzinsfalle.

Real statt nominal

Einen Ausweg bieten etwa inflationsgeschützte Anleihen. Sie entschädigen Anleger für die erlittene Inflation. Entweder ist der Kupon, also die jährliche Ausschüttung an die Inflation gekoppelt, oder der Nennwert der Anleihe.

Das Beispiel von Frankreich zeigt, warum TIPS attraktiv sein können. Die fünfjährige französische Anleihe bringt aktuell 1,7 Prozent Rendite. Das inflationsgeschützte Papier hingegen 0,2 Prozent reale Rendite. "Aktuell steht die französische Inflation deutlich über zwei Prozent. Solange sie nicht stark fällt, und das halte ich für recht unwahrscheinlich, sind die inflationsgeschützten Anleihen attraktiv", sagt LGT Portfoliomanager Froschauer, der für ein Portfolio inflationsgeschützter Anleihen über 2,5 Milliarden Franken verantwortlich ist. "Aus inflationsgeschützten Anleihen können sich Staaten nicht herausinflationsieren", betont Froschauer. Das sei aber auch der Grund, warum diese Papiere nur ein Randsegment am Anleihenmarkt sind, 85 bis 90 Prozent der ausstehenden Staatsschulden der Industrieländer sind nominale Anleihen.

Unternehmen statt Staaten

Der wohl beliebteste Weg zu höherer Verzinsung führt an den Markt für Unternehmensanleihen. Je nach Risikoklasse winken dort höhere Zinsen als auf vergleichbare Staatsanleihen. Doch das Risiko macht die Musik. Für Unternehmen mit einem Kreditrating von BBB oder besser bekommen Anleger im Schnitt nur noch einen Aufschlag von 1,4 Prozentpunkten, für die Ramschanleihen winken rund sieben Prozent Prämie. Gerade flexible Vermögensverwalter haben in der Vergangenheit ihre Anleihenportfolios stark in Unternehmenspapiere umgeschichtet.

Das Kreditrisiko hat sich in der Vergangenheit bezahlt gemacht, betont etwa Jim Reid, Analyst der Deutschen Bank in einer aktuellen Studie. Denn obwohl zwischen 2007 und 2012 die größte Kreditkrise der Nachkriegsgeschichte in der Wirtschaft gewütet hat, haben das Anleger in Unternehmensanleihen wenig gespürt. "Es ist bemerkenswert, dass trotz der größten Krise seit der Großen Depression die Unternehmenspleiten allgemein knapp unter ihrem langjährigen Schnitt lagen." Doch Reid warnt zugleich, dass die Krise noch nicht vorbei sei und die Wirtschaftspolitik nun weniger flexibel intervenieren kann als noch vor fünf Jahren.

Wachstum statt Krise

Ebenso steigt die Rolle von Schwellenländern in Schuldenportfolios. Denn diese haben weder das Wachstums- noch das Defizitproblem ihrer Pendants in Europa oder den USA. Aktuelle Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (aus dem aktuellen Fiscal Monitor) gehen davon aus, dass die Industrieländer 2013 mit über 108 Prozent in Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet sein werden, die Schwellenländer hingegen nur mit 34 Prozent (um sieben Prozentpunkte weniger als 2010). Gleichzeitig versprechen Schwellenländer-Anleihen auch höhere Renditen. Gemessen am Emerging Markets Bond Index von JPMorgan beträgt der Aufschlag zu sicheren US-Staatsanleihen aktuell über 3,4 Prozentpunkte (Bloomberg).

Diversifikation als Antwort

Für die Anleihenmärkte gilt nach der Krise: Diversifikation. Wie der Zinsanalyst James Grant bemerkt hat, bieten klassische Staatsanleihen keinen risikolosen Zins mehr, sondern ein zinsloses Risiko. Unternehmens-, inflationsgeschützt und Schwellenländeranleihen bieten im Vergleich attraktivere Verzinsungen für ein Mehr an Risiko. Angesichts der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken müssen sich Investoren aber auch in riskantere Anlagen wagen, um der Inflation zu entkommen und ihre Kaufkraft zu erhalten. (Lukas Sustala, derStandard.at, 2.5.2012)