Brüssel - Die EU-Finanzminister suchen bei ihrem Sondertreffen am Mittwoch weiterhin nach einer einheitlichen Linie über die Eigenkapital-Puffer, die Europas Banken künftig als Schutz gegen Krisen des Finanzsystems errichten sollen. Größter Streitpunkt ist dabei, ob jeder EU-Staat seinen Banken härtere Regeln für diese Kapitalpolster vorschreiben darf. Österreich ist durch Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) vertreten. Außerdem beraten die Ressortchefs der 27 auch über die Nachfolge für den neuen Präsidenten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), wobei hier keine Entscheidungen zu erwarten sind.

Der deutsche EBRD-Chef Thomas Mirow, dessen Amtsperiode mit Jahresende ausläuft, will eine zweite Kandidatur. Daneben gibt es noch vier weitere Bewerber - den Franzosen Philippe de Fontaine Vive, den früheren polnischen Ministerpräsidenten Jan Krzysztof Bielecki, den Briten SUma Chakrabarti und als einzigen Kandidaten aus einem Nicht-EU-Land den ehemaligen serbischen Finanzminister Bozidar Djelic. Die Personalentscheidung hängt auch mit einer Reihe weiterer Nachfolgefragen in wichtigen Gremien wie der Eurogruppe zusammen. Dort will ja Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker nach vier Amtsperioden ebenfalls zu Jahresmitte aufhören.

Basel III

Bei den Eigenkapitalregeln für Banken, dem sogenannten Basel III-Paket, müssen die Banken bis 2019 schrittweise bis zu sieben Prozent ihrer Bilanzrisiken mit Aktien oder Gewinnrücklagen gegen Ausfälle in einer Finanzkrise absichern. Verwirrung herrschte bis zuletzt über die Anzahl der bei den Expertenverhandlungen angeführtern Anzahl von Kapitalpuffern. In Kommissionskreisen war von fünf Kapitalpolstern die Rede, in Ratskreisen von bis zu sechs verschiedenen Puffern und dabei war noch gar nicht jener für systemische Banken ursprünglich angedachte eingerechnet, der in den Verhandlungen selbst offenbar aber wieder verworfen wurde.

Die strengen Kapitalregeln sollen für alle rund 8.300 Banken gelten, nicht nur für die systemischen, also jene großen Institute, bei denen die Ansteckungsgefahr im Krisenfall besonders groß ist. Größter Streitpunkt bei den Kapitalregeln ist der sogenannte strukturelle Puffer, den die einzelnen Staaten bis zu einer Höhe von drei Prozent selber den Banken im eigenen Land verordnen können sollen. Über die drei Prozent hinaus soll es eine Genehmigungspflicht geben, und zwar der Kommission, sowie einer Überprüfung des Gremiums für Systemrisiken und der Europäischen Bankenaufsicht. Die Briten wollen diese Grenze auf fünf Prozent anheben. Seitens Londons wurde argumentiert, dass die Steuerzahler im Notfall die Banken retten müssten, weshalb die Regierung auch das Recht haben müsse, diese sicherer zu machen. Dem wurde in EU-Kreisen entgegengehalten, dass die Höhe des Eigenkapitals von Banken keinesfalls eine Garantie für den Schutz der Steuerzahler sei. Diese Ansicht sei schlichtweg falsch. Effektiv sei eine schärfere Überwachung.

Kernkapital

Von allen akzeptiert dürfte der Grundpuffer von 2,5 Prozent an hartem Kernkapital sein. Sollte dieser von einem Institut nicht erreicht werden, soll es weder Bonusse noch Dividenden geben. Sonst gibt es noch einen antizyklischen Polster, der bis zu 2,5 Prozent ausmachen soll, wobei dies auf die jeweilige Wirtschaftssituation ankommt. Daneben gibt es noch die Möglichkeit für Banken, einen zusätzlichen Kapitalpolster freiwillig aufzubauen. Derzeit würden kleinere Banken eher mit höheren Prozentziffern arbeiten, größere Banken mit niedrigeren. Der fünfte Puffer sei ein individueller, der von der Bankenaufsicht einem Institut auferlegt werde, wenn es die Situation erfordere.

Von osteuropäischen Ländern, die sehr viele Banken aus den alten EU-Staaten haben, wird befürchtet, dass bei einem hohen Kapitalpuffer in den Ursprungsländern und einem niedrigeren bei den Instituten im eigenen Land dann notfalls Bereiche abgegeben werden müssten. Dieser Punkt ist auch noch nicht völlig klar. Diskutiert wurde beispielsweise, dass bei einer Anhebung des Strukturpuffers für die Banken eines Landes auch die Zweigstellen in einem anderen Land davon betroffen sein sollten, weil diese derselben Aufsicht durch das Heimatland unterliegen. Dies trifft aber nicht auf Töchter zu, die eine eigenständige Rechtspersönlichkeit sind und von der Aufsicht des Landes, in dem sie sich befinden, abhängen. Darüber hinaus hängt damit auch die Problematik des Eingriffs in die Rechte eines anderen EU-Landes zusammen.

Darüber hinaus gibt es laut Diplomatenkreisen sogar noch Differenzen über die Definition von hartem Kernkapital. Hier vertreten die Briten eine schärfere Haltung. Eine schnelle Einigung über Basel III ist wichtig, damit die Eigenkapitalregeln Anfang 2013 in Kraft treten können. Das EU-Parlament, das mit den Ländern gemeinsam die Gesetze zur Umsetzung von Basel III beschließen muss, braucht aber noch Zeit, um seine Verhandlungsposition festzulegen. Der Wirtschaftsausschuss des EU-Parlament, der über mehr als 2.200 Abänderungsanträge bei den strengeren Regeln entscheidet, wurde vom 8. auf den 14. Mai verschoben. Zuständig im Parlament für diesen Bereich ist Vizepräsident und ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas. (APA, 2.5.2012)