Mit den Schweineschwänzen hatte ich noch eine Rechnung offen. Vor ein paar Jahren habe ich mich das erste Mal an ihnen versucht und bin ziemlich gescheitert – so sehr, dass mir das von den damaligen Mitessern bis heute gern und regelmäßig vorgehalten wird. Damals hatte ich dieses wunderbare Buch gerade gekauft und habe sie daher à la Fergus Henderson zubereitet: vergleichsweise kurz geschmort und dann in Bröseln paniert herausgebacken. Es war, wie gesagt, nicht überzeugend. Als ich dann vor einigen Wochen hier über ein Rezept des Herrn Redzepi für die Schwänze gestolpert bin, habe ich meine Chance gewittert.

"Ein trainierter Schimpanse kann einen Hummer dämpfen", schreibt Anthony Bourdain in seinem Vorwort zu Hendersons "Whole Beast", "aber es braucht Liebe, Zeit und Respekt vor den Zutaten, um etwas aus einem Schweineohr zu machen." Das gilt noch viel mehr für den Schwanz. Das Ding ist auf den ersten Blick einfach nur unappetitlich, viel zähe Haut und Gelatine, ein paar kleine Knochen und kaum Fleisch. Dabei ist es eigentlich einer der exquisiteste Teil des Schweins, rein von der vorhandenen Menge her betrachtet: Während das Tier leicht mehrere Kilo Filet bietet, hat es nur einen einzigen, manchmal sogar sehr kleinen Schwanz, der geschätzt kaum 300 Gramm auf die Waage bringt. Sogar von den Hoden gibt es zwei, auch wenn die zugegeben nicht sehr ausgiebig sind.

Redzepi schmort seine Schwänze in einem Sud aus Hühnerfond und dunklem Bier, und das für eine unanständig lange Zeit: Zehn Stunden bekommt das zähe Gewebe Zeit, bei sanften 80 Grad sich in etwas Essbares, ja Köstliches zu verwandeln. Zum Vergleich: Herr Henderson hetzt sie in drei Stunden durch diesen Prozess, bei 160 Grad. Im Noma werden sie dann anschließend in Butter knusprig gebraten, der Sud wird zu einem Sirup reduziert, mit dem die Schwänze dann glaciert werden. Die Redzepi'schen Beilagen sprengen die Möglichkeiten einer Heimküche und des dazugehörigen Kochs, ich habe sie daher ignoriert und meine Schwänze einfach mit einem bitter-scharfen Salat mit Dijon-Dressing serviert, samt damals ersten frischen Kräutern aus dem Garten und pochiertem Ei. Stolz kann ich verkünden: Es hat nicht alles perfekt funktioniert, aber es war köstlich!

Wunderhübsch sieht es nicht aus, der Geschmack ist aber hervorragend: Die Schwänze sind butterweich und saftig, noch etwas cremiger als ein konfierter Bauch – halb Fleisch, halb Fett, mit zartem Schweinsaroma. Die Sauce ist dank des dunklen Bieres recht süß und erinnert an Sojasauce und Honig.

Foto: Tobias Müller

Als Hauptspeise für zwei Leute habe ich vier Schweineschwänze genommen, als Vorspeise (wofür es besser geeignet ist) reicht das für vier. Sie sind, hartnäckigen Gerüchten zum Trotz, nicht geringelt und lassen sich in zwei Kategorien teilen: lange dünne und kurze dicke. Mein Fleischer hat mir ungefragt von beiden jeweils zwei eingepackt. Die kurzen sind fleischiger und ausgiebiger, die langen optisch ansprechender und besser knusprig zu kriegen, jeder muss selbst entscheiden, was ihm lieber ist. Ich tendiere zur dünnen Variante.

Foto: Tobias Müller

Die Schwänze werden von eventuellen Borsten befreit. Zwei Stangen Sellerie, zwei Zwiebeln, eine halbe Karotte, eine halbe Stange Lauch zerstückeln und gemeinsam mit Thymianzweigen und – falls vorhanden – Verbene-Blättern kurz in Butter braten. Dann die Schwänze darauflegen, mit einem Liter Hühnerfond und einem halben Liter dunklem Bier aufgießen. Redzepi macht hier keine näheren Angaben, ich habe aus Mangel an Alternativen zu dunklem Zwettler gegriffen. (Ich trinke eigentlich nie dunkles Bier. Beim In-den-Topf-Gießen habe ich dann aus purer Neugierde einen Schluck genommen, und ich muss sagen: Ich fand es ganz ausgezeichnet.)

Foto: Tobias Müller

Die Schwänze sollten nun mit Flüssigkeit bedeckt sein. Entweder eine Frischhaltefolie direkt darauflegen oder den Topf mit Alufolie abdecken und dann einen Deckel darübersetzen. Wichtig ist, dass möglichst wenig Flüssigkeit entweicht, weil die Schmorzeit gar so lang ist. Bei 80 Grad zehn Stunden ziehen lassen. Ich habe die Schwänze am Abend gegen elf ins Rohr geschoben und am nächsten Tag in der Früh wieder herausgeholt.

Foto: Tobias Müller

Noch heiß aus der Flüssigkeit holen, vorsichtig aufschlitzen und die kleinen Knochen entfernen. Das geht deutlich einfacher, als es klingt, wer einen Vorgeschmack will, kann die kleinen Stücke dabei abnagen. Entweder gleich weiterverarbeiten oder zurück in den Sud legen und bis zu drei Tage stehen lassen.

Foto: Tobias Müller

Vor dem Servieren herausnehmen und gut salzen und pfeffern. Den Fond reduzieren, bis er an der Rückseite eines Löffels haftet, je nach Topfgröße etwa eine bis eineinhalb Stunden.

Die Schwänze mit der Haut nach unten bei niedriger Hitze in Butter braten. Sie kleben fast noch mehr als ein konfierter Bauch, deswegen ist auch hier eine Teflonpfanne äußerst praktisch. Wirklich knusprig sind sie mir nur stellenweise geglückt, hier braucht es noch weitere Versuche. Redzepi äußert sich dazu leider nicht weiter. Schließlich mit der Sauce kurz glacieren, auf den Salat legen und servieren.

Foto: Tobias Müller

(Tobias Müller, derStandard.at, 06.05.2012)