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S&P sieht rot.

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Nahezu jeder vierte Spanier ist arbeitslos.

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Standard & Poor's hat Spanien auf BBB-plus herabgestuft. Es gebe durch die hohe Arbeitslosigkeit erhebliche Risiken für das Wirtschaftswachstum und das Budget, gab die Ratingagentur bekannt. Schlimm für Spanien dabei: Die Renditen von spanischen Staatsanleihen sind deutlich gestiegen. Für zehnjährige Anleihen legte die Rendite am Freitag laut Bloomberg auf sechs Prozent zu. Das ist jene kritische Marke, wo gesunde Budgetfinanzierung erschwert wird.

Zweifel an Arbeitsmarktreformen

Schlecht ist auch, dass S&P den Ausblick für Spanien als negativ einschätzt, es droht ein weiteres Downgrading (hier geht es zum Wortlaut). BBB-plus, die gleiche Stufe wie Italien, bezeichnet bei S&P zwar noch eine durchschnittlich gute Anlage. Das ändere sich aber bei Verschlechterung der Gesamtwirtschaft sehr schnell, meinen die Bonitätsprüfer. Vor allem bezweifeln sie, dass die Arbeitsmarktreformen unter dem Strich in absehbarer Zeit Jobs schaffen würden.

Derzeit ist fast jeder vierte Spanier arbeitslos. Im ersten Quartal 2012 verloren 374.000 Menschen ihren Arbeitsplatz, im letzten Quartal des Vorjahres waren es 295.300. Verschlechtert sich die Wirtschaftslage weiter, hält es S&P für möglich, dass Spanien seinem Bankensektor wiederholt unter die Arme greifen müsste. Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) haben die angeschlagenen Banken aber ausreichend Kapital, um die Rezession auszuhalten.

Anders sieht das der für Europa zuständige S&P-Experte Moritz Kraemer. "Für die meisten spanischen Banken wird es keine einfache Aufgabe, sich über den Markt zu finanzieren", sagte Kraemer am Freitag gegenüber Reuters Insider TV. Letztlich könnte dies den Staat auf den Plan rufen. "Aber das ist zumindest derzeit etwas, das die spanische Regierung nur ungern in Betracht zieht, wie es scheint."

Nach Angaben der spanischen Zentralbank schrumpfte die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal um 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, als das Minus bereits bei 0,3 Prozent gelegen war. S&P erklärte, es rechne für 2012 mit einem Einbruch der spanischen Wirtschaft um 1,5 Prozent.

Finanzmärkte rotieren

Die Herabstufung hat die Börsen nur kurz verstimmt. In Wien und Frankfurt notieren ATX und DAX mittlerweile wieder im Plus. Wie es von Analysten häufig heißt, sei dieser Schritt von den Märkten längst eingepreist worden. Allerdings erlitten die Börsen in Asien einen Dämpfer und schlossen negativ. Der Euro fiel zeitweise unter die Marke von 1,32 Dollar, hat sich aber wieder stabilisiert.

Belastet wurde durch die Entscheidung auch der italienische Anleihenmarkt. Der Staat sammelte am Freitag 5,95 Milliarden Euro ein, die Rendite für zehnjährige Papiere stieg hier über 5,7 Prozent. Zum Vergleich: Die Rendite für zehnjährige deutsche Anleihen – die Bundesrepublik hat die beste Bonität – lag unter 1,7 Prozent. Nicht zuletzt sorgt die Herabstufung auch für Verunsicherung auf dem Ölmarkt. Die Preise für Rohöl der Nordsee-Sorte Brent und der US-Sorte WTI sanken (hier geht es zu unseren Marktberichten).

Falsches Rezept

Zuletzt zeigte sich die spanische Regierung zuversichtlich, ihr Sparziel für das heurige Jahr zu erfüllen. Mit Hilfe eines strikten Sparkurses und Einsparungen von mehr als 27 Milliarden Euro will Spanien der EU-Kommission einen Fehlbetrag von nur noch 5,3 Prozent melden. Im vergangenen Jahr waren es noch 8,5 Prozent gewesen. Die drastischen Sparbemühungen sollen dazu führen, dass die Finanzmärkte wieder Vertrauen in das Land fassen. Es wird trotz relativ geringer Staatsverschuldung, unter 70 Prozent des BIP und damit unter jener Österreichs, von den Anlegern kritisch beäugt.

Das radikale Sparen halten aber viele Ökonomen für das falsche Rezept in der Krise. Nobelpreisträger Joseph Stiglitz glaubt, dass sich Europa mit einem rigiden Sparkurs "auf seinen Selbstmord hinbewegt". "Austerität, kombiniert mit den strengen Vorgaben der Eurozone könnte sich als tödliche Kombination erweisen", meinte der US-Amerikaner am Donnerstag auf einer Diskussionsveranstaltung in Wien (hier geht es zur Nachlese).

Andere folgen trocken der Meinung der Ratingagentur. "Die Herunterstufung zeigt, dass die europäischen Regierungen immer noch damit kämpfen, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen", sagte Analyst Philippe Gijels von der Bank BNP Paribas Fortis. Die Märkte sollten sich auf weitere Negativ-Nachrichten einstellen.

Wiederaufflammen der Eurokrise

Mit den Sorgen um Spanien gewinnt die Schuldenkrise in der Eurozone wieder an Brisanz. "Die Entscheidung macht eine ohnedies kritische Situation in Spanien noch etwas kritischer", sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble in einem Interview des WDR.

Je schlechter eine Bonitätsnote, desto höhere Zinsen muss ein Land in der Regel für die Aufnahme neuer Schulden zahlen – damit dürfte die Absenkung des Ratings durch S&P für zusätzlichen Druck auf Spanien sorgen. Und der negative Ausblick bedeutet: Es droht eine weitere Herabstufung. Länder mit dem Spitzenrating AAA hingegen können sich entsprechend günstig Geld am Kapitalmarkt borgen. (Reuters/APA/red, derStandard.at, 27.4.2012)