Wien/Lissabon - Die Fixierung von Kriminalisten und/oder Gesundheitsbehörden auf einzelne psychoaktive Substanzen, welche Drogenkonsumenten benutzen, macht immer weniger Sinn. Der neueste Jahresbericht der "EU-Drogen-Späher" - die Experten der EU-Drogenbeobachtungsstelle EBDD in Lissabon und der Europol - ist eindeutig: Mit insgesamt 49 im vergangenen Jahr in Europa erstmals registrierten neuen psychoaktiven Substanzen gab es einen Rekord (2010: 41). Am häufigsten sind synthetische Cannabis-ähnliche Wirkstoffe und sogenannte Cathinone, also aufputschend wirkende Mittel.

Im vergangenen Jahr wurde in der EU im Durchschnitt etwa eine neue Droge pro Woche auf den Markt entdeckt. Insgesamt wurden im Jahr 2011 erstmals 49 neue psychoaktive Substanzen offiziell über das Frühwarnsystem der EU (EWS) gemeldet. Dies ist die größte Zahl von Substanzen, die jemals innerhalb eines Jahres gemeldet wurde. 2010 wurden 41 Substanzen gemeldet, im Jahr 2009 waren es 24 Substanzen", hieß es am Donnerstag in einer Aussendung der EBDD mit Sitz in Lissabon.

Tempo steigt

Das Muster der neuen psychoaktiven Wirkstoffe ist im Grunde genommen sprichwörtlich alt: Bei den Designer-Drugs dominieren weiterhin zwei Hauptgruppen - synthetische Cannabinoide (23 Substanzen) und in synthetische Cathinone (acht Stoffe). Sämtliche neue 2011 gemeldeten Verbindungen waren synthetisch. Das Tempo, mit dem neue Stoffe auf den illegalen Markt kommen, nehme immer mehr zu.

Wolfgang Götz, Direktor der EBDD: "Wir sehen jetzt, dass neue Drogen in attraktiver Verpackung über das Internet, in Nachtclubs oder an Straßenecken verkauft werden. Unabhängig von der Herkunft dieser Substanzen spielen heutzutage die Konsumenten dieser zunehmenden Vielfalt von Pulvern, Pillen und Mischungen schlichtweg ein gefährliches Spiel, denn sie haben meist keine Detailkenntnisse über die Inhalte und möglichen Gesundheitsgefahren dieser Substanzen."

Legal Highs

Ähnlich wie im Jahr 2010 (zwei neue Substanzen) wurde auch im vergangenen Jahr in Österreich eine neue Substanz für Europa erstmals entdeckt: ein Iso-Pentedron (30. September 2011), ein aufputschend wirkender synthetischer Stoff, der auch in sogenannten "Badesalzen" im illegalen Markt angeboten wird. Die Alpenrepublik versucht, dem Problem neben verstärkter Marktüberwachung, Analysen und Präventionsmaßnahmen mit einer neuen Verordnung besser Herr zu werden: Ganze Stoffgruppen können damit bezüglich ihres Handels, Imports und Herstellung verboten bzw. deren Schmuggel und Verkauf bestraft werden. Anfang März starb eine 20-Jährige aus dem Raum Gmunden in Oberösterreich nach dem Konsum eines "Badesalz"-Produkts. Es hatte in Anästhetikum enthalten.

Laut einer 2011 unter jungen Leuten durchgeführten Eurobarometer-Erhebung gaben im Durchschnitt rund fünf Prozent der Befragten im Alter von 15 bis 24 Jahren an, schon einmal solche "Legal Highs" konsumiert zu haben. Als Bezugsquelle dieser Substanzen nannten die Befragten in erster Linie Freunde/Bekannte (54 Prozent), Partys oder Clubs (37 Prozent), einschlägige Geschäfte (33 Prozent) oder das Internet (sieben Prozent). (APA, 27.4.2012)