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Bienen sind zurzeit ja maßlos en vogue.

Foto: APA/Karl-Josef Hildenbrand

Im Höhenrausch schnallt sie sich gleich ein paar Männchen um, im Schnitt um die zwölf Stück. Da kennt sie nichts. Eines nach dem anderen, ganz nach dem Prinzip "Der nächste Herr, dieselbe Dame". Sie achtet aber penibel darauf, dass die Herren unterschiedlicher Abstammung sind, Reinrassiges kommt ihr nicht in die, äh, Tüte. So richtig vollgepumpt mit unterschiedlichem Sperma, die Ladung muss für das ganze Leben reichen, geht es dann rasch wieder abwärts, genug vom "gang bang among the flowers and trees with a lot of bees. Die wahrlich notgeilen Herren leiden jedoch unter dem Phänomen der Ejaculatio letalis - Spritz und aus, wie der Lateiner sagen würde. Sie sterben mit der Besamung und fallen tot vom Himmel. Ob glücklich oder nicht, konnte noch keiner der Herren mit Nahtoderfahrung berichten. So ist das mit den Bienen, das sollte man beim Aufklären der eigenen Brut nicht vergessen.

Bienen sind zurzeit ja maßlos en vogue. Alles Bäuerliche boomt, wir bauen Knollen und Rüben selber an, backen das Brot in selbstgetöpferten Formen und tragen Kleidung aus ungewirktem Flachs am Leib. Also halten wir auch Bienen in der Stadt, das passt ins Bild. Wer den ersten Schritt wagt und sich für dieses Hobby zu interessieren beginnt, ist schnell fasziniert, frisst Literatur in sich hinein und findet sich bald in einem Imkereifachgeschäft wieder, um sich Equipment für das Besiedeln durch ein eigenes Bienenvolk zuzulegen.

Alle Höhen und Tiefen

Ab dann ist man wieder mit dabei, kann am Karmelitermarkt bewusst Fachbegriffe einfließen lassen ("... wie schaut's aus mit deinen Afterweiseln?") oder gar dort seine selbstgedrehten Bienenwachskerzen verkaufen. Immer schön lächeln.

Das Halten und Pflegen eines Bienenstocks ist ein Trend, der wie so oft aus den Vereinigten Staaten von Amerika kommt. Wahrscheinlich aus Dankbarkeit, dass wir Europäer ihnen vor Jahrhunderten die Biene rübergebracht haben. Als in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts jedoch ein Massensterben unter den Bienenstaaten ausbrach, brach Massenpanik unter den Menschenstaaten aus, denn wo keine Biene fliegt, landet der Hunger. Quasi als Notwendigkeit begannen nun Menschen mit Tagesfreizeit, sich um Bienen zu kümmern, sie zu pflegen, zu züchten und dadurch rasch zu vermehren, auf dass die pflanzliche Natur sich schnell erhole. Das ist gelungen, und geblieben ist die Leidenschaft, mit einem Bienenvolk alle Höhen und Tiefen mitzuleben.

Die Stadtbienen

Und der Lebenszyklus eines Bienenvolks ist tatsächlich hochdramatisch, atemberaubend komplex und hinterlässt jeden, der hier Einblicke gewinnt, staunend zurück. Für viele Grund genug, in der Stadt Bienen selber zu pflegen. Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe (mehr als 30.000 Lebewesen), das muss man lernen, dazu gibt es Imkerschulen. Es ist nichts, das man lässig einfach so nebenbei macht, mit ein paar Tipps von Freunden ausgestattet. Hände weg!

Wer es trotzdem versuchen möchte, dem lege ich das Buch von Erika Mayr, Die Stadtbienen, ans Herz: Mit leichter Hand beschreibt sie ihren Weg zur Stadtimkerin in Berlin und verschafft einen liebenswerten, gesamtheitlichen Einblick in die Stadtimkerei. Wer ohne eigenen Bienenstock dem Treiben der Apis mellifera carnica zusehen möchte, braucht nur Schneeglöckchen, Ehrenpreis, Lavendel und Wildrosen zu pflanzen - sie kommen dann schon von selbst. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 27.4.2012)