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Weiter rechtsextrem denken, aber auf rassistische Hassbegriffe und antisemitische Sprüche verzichten: Das ist die Linie der 40-Jährigen Marine Le Pen, die den Front National ihres Vaters Jean-Marie abgestaubt hat.

Foto: Jacques Brinon/AP/dapd

Nach dem starken Abschneiden von Marine Le Pen, der Chefin des rechtsradikalen Front National, bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich jubeln auch andere Rechtsparteien in Europa: "Damit wurde die demokratische Legitimation gestärkt, keine Frage", sagt der freiheitliche EU-Abgeordnete An-dreas Mölzer, "sie hat die Richtigkeit eines modernen rechten Kurses bestätigt." Um einen solchen würden sich "viele unserer Partner" seit einiger Zeit bemühen, auch die FPÖ, erklärte Mölzer am Montag dem STANDARD.

Der blaue Abgeordnete gilt als einer der wichtigsten Verbindungsleute von Europas Rechtsparteien, pflegt, wie er betont, "mit den Franzosen und mit der Lega Nord in Italien hervorragende Beziehungen". Marine Le Pen hat wie er ein Mandat im EU-Parlament, bei den Fraktionslosen. Was mit "modernem rechtem Kurs" gemeint ist? Mölzer: "Sie hat den Kurs ihres Vaters (Jean-Marie Le Pen, Anm.) fortgeführt, aber die Extreme abgeschliffen. Man will wegkommen vom Antisemitismus, sich mit Israel arrangieren, nicht xenophob, fremdenfeindlich sein, aber doch islamkritisch", erklärt der FPÖ-Politiker die Strategie.

Auch wenn Frankreich ein spezieller Fall sei, weil Präsident Nicolas Sarkozy "jetzt den Preis dafür gezahlt hat, dass er immer nur rechts geredet, aber nicht entsprechend regiert hat und die Leute ihm nichts mehr glauben", sehe er Aufwind für Europas Rechte, sagt der Kärntner: "Der Front National wurde oft totgesagt, aber es zeigt sich, dass das doch auf Dauer angelegt ist. In Europa muss man mit dem rechtspopulistischen Segment rechnen", so Mölzer.

Seinen Optimismus bezieht er unter anderem auch von den Veränderungen bei der Lega Nord in Italien: "Dort gab es einen Wechsel von Umberto Bossi zu Ex-Innenminister Roberto Maroni. Heinz-Christian Strache, und ich waren erst vor kurzem bei ihm. Es ist für uns sehr wichtig, wenn in zwei großen EU-Ländern wie Frankreich und Italien solche Entwicklungen stattfinden."

Gemeinsames Ziel sei es, bei den EU-Wahlen 2014 mit einem scharfen Anti-EU-Kurs zu reüssieren. Ob das in der Praxis auch funktioniert, muss sich erst weisen. Denn Europas rechtsextreme Parteien haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder zerstritten, sobald sie sich zu einigen versuchten.

Rechts stürzt Premier Rutte

Ein "Sonderfall" (so Mölzer) dürfte in diesem Zusammenhang der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders sein. Er brachte die Minderheitsregierung zu Fall, der er mit seinen Mandaten die Mehrheit gesichert hatte. Premier Mark Rutte reichte am Montag seinen Rücktritt ein. Er konnte sich mit Wilders nicht auf ein Sparbudget und Eurohilfen einigen.

So sehr Wilders als radikaler Gegner der EU und des Islam in seinem Land auftritt, so sehr tritt er als Freund Israels auf, so wenig will er aber auch mit den übrigen rechtsextremen Parteien in Europa zu tun haben: etwa mit dem Vlaams Belang im benachbarten Belgien, der auf einer Homepage ganz offen gegen Ausländer hetzt. Das teilt sogar Mölzer: "Dem forcierten Denunziantentum kann ich nichts abgewinnen." (Thomas Mayer, DER STANDARD, 24.04.2012)