Fenster sorgen für Licht und Luft, sollen aber auch vor Feuchtigkeit, Kälte und Hitze schützen.

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"Fenster zählen zweifelsohne zu den energietechnischen Schwachstellen der Gebäudehülle", erklärt Gerhard Dell, Geschäftsführer des Energiesparverbands Oberösterreich. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie zahlreiche Funktionen auf einmal erfüllen müssen: Sie dienen als natürliche Lichtquelle und sollen gleichzeitig Schutz gegen Wasser, Kälte, Hitze und Lärm von außen bieten. Darüber hinaus sorgen Fenster für Frischluft, nicht nur dann, wenn sie undicht sind.

Nach einem Austausch kommt es deshalb häufig zur Schimmelbildung, da der "unkontrollierte" Luftwechsel entfällt. "Nach dem Einbau sollte deshalb bewusst über gezieltes Stoß- oder Querlüften für frische Sauerstoffzufuhr gesorgt werden", ergänzt der Experte. Wem das zu mühsam ist, dem bietet die Branche mittlerweile aber auch Produkte, in denen Lüftungen samt Wärmetauscher vollständig im Fenstersystem integriert sind.

Simpler Schnelltest

Grundsätzlich gibt es keine klare Regel, ab wann alte Fenster ausgewechselt werden sollten. "Einzelne Produkte besitzen eine Lebensdauer bis zu 40 Jahren", erzählt Dell. In den meisten Fällen geht er allerdings von einer maximalen Lebensdauer zwischen 20 und 25 Jahren aus. "Das hängt natürlich mit den Energiequalitäten zusammen, denn solche Fenster sind im Vergleich zu aktuellen Produkten regelrechte Energiefresser", so Dell.

Als Schnelltest empfiehlt er ein Verfahren, das jederzeit und rasch durchführbar ist: "Legen Sie ein Papier auf den Rahmen des geöffneten Fensters und schließen Sie es, so dass das Blatt eingeklemmt wird. Wenn es sich nun leicht herausziehen lässt, ist das ein Hinweis auf übermäßig undichte Fenster." Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass sofort das gesamte Fenster ausgewechselt werden muss. Häufig sind kleinere Maßnahmen wie das Austauschen der Dichtung oder die Neujustierung der Fensterangeln bereits vollkommen ausreichend.

Unabhängige Beratung

Bevor das gesamte Fenster oder auch nur das Glas gewechselt wird, rät Gerhard Dell zur Prüfung durch produktunabhängige Energieberater: "Es gibt praktisch in jedem Bundesland einen Energiesparverband, der kostenlose und individuelle Expertisen erstellt." Selbst Thermografien, die mit Hilfe einer Wärmebildkamera Energieverluststellen visualisieren, sind in der Angebotspalette enthalten. Besonders bei Mietwohnungen wird diese Vorgehensweise empfohlen, obwohl "Fenster in die Erhaltungspflicht des Vermieters fallen", so Barbara Walzl-Sirk, Bundesobfrau des Mieterschutzverbands Österreich.

Sollte ein Mieter der Meinung sein, dass der Einbau neuer Fenster erforderlich ist, muss er das dem Vermieter schriftlich mitteilen. Üblicherweise sorgen solche unabhängigen Gutachten bereits im Vorfeld für ausreichend schlagkräftige Argumente. "Sollte sich der Vermieter weigern, gibt es im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes - also bei den klassischen Altbauwohnungen - noch die Möglichkeit, einen Antrag auf Sanierung der Fenster bei der Schlichtungsstelle oder dem Bezirksgericht einzureichen. Dort wird mit Hilfe eines Sachverständigen festgestellt, ob und in welcher Form die Fenster zu erneuern sind", erklärt die Wohnrechtsexpertin.

Sollte eine Sanierung wirtschaftlich noch Sinn machen, kann der Mieter den Einbau neuer Fenster jedoch nicht erzwingen. In Neubauwohnungen gestaltet sich das Ganze etwas "unbehaglicher". Hier muss im schlimmsten Fall auf Sanierung geklagt werden. "Bevor das passiert, versuchen die meisten Mieter allerdings noch, über eine Mietzinsminderungen auf den Vermieter Druck auszuüben, was in der Regel auch erfolgreich ist", erläutert Walzl-Sirk.

Die Qual der Wahl

Egal ob Dreh-, Kipp-, Klapp-, Schwing-, Schiebe- oder Wendefenster, "wichtig ist die 'energetische' Qualität", so die Überzeugung von Gerhard Dell. "Ob ich nun Kunststoff-, Holz-, Alu- oder Kombi-Fenster einbauen lasse, ist ebenfalls Geschmackssache. Wir geben hier bewusst keine Empfehlungen ab wie 'Nimm dieses oder jenes Fenster, und du wirst glücklich sein'. Letztendlich wird sich die Entscheidung nach den individuellen Kosten- und Designansprüchen richten", bringt es der Energieexperte auf den Punkt.

Eine konkrete Entscheidungshilfe dürfte hingegen der U-Wert eines Fensters sein, von dem auch die Möglichkeit zur finanziellen Förderung abhängig ist. Dieser Wert gilt als Maß für den Energieverlust und gibt - vereinfacht gesagt - an, wie viel Wärme pro Bauteilfläche zwischen innen und außen fließt beziehungsweise verloren geht. Das heißt, je höher der U-Wert eines Fensters, desto schlechter ist seine Wärmedämmung. "In Oberösterreich liegt die Obergrenze bei 1,1, ab dann kann man sich den Einbau von neuen Fenstern fördern lassen. Allerdings ist dieser Mindestwert nicht einheitlich geregelt, sondern variiert von Bundesland zu Bundesland", gibt Dell zu bedenken.

Da Baurecht und Wohnbauförderung in den Zuständigkeitsbereich der Länder fallen, existierten diese unterschiedlichen Regelungen, wobei sich die Grenzwerte in den einzelnen Bundesländern nicht maßgeblich voneinander unterscheiden. Einen abschließenden Tipp hat Gerhard Dell noch parat: "Auch zur Förderung bieten sämtliche Energiesparverbände eine kostenlose Beratung an. Außerdem ist in diesem Jahr der Einbau neuer Fenster erstmalig auch in der Bundesförderung enthalten." (Günther Brandstetter, derStandard.at, 23.4.2012)