Wrabetz will das Facebook-Verbot für den ORF zu Fall bringen. Den Verlegern bietet er die Vermarktung von TVthek-Videos an.

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Hochgurgl - ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat bei einer Klausur des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) um Unterstützung und Verständnis für die Facebook-Aktivitäten des ORF geworben. Die Medienbehörde KommAustria hatte dem ORF zuletzt in erster Instanz Facebook-Seiten von Ö3 und FM4 verboten. Der ORF betreibe bewusst kein eigenes soziales Netzwerk und keine kommerziellen Kooperationen mit sozialen Netzwerken, müsse aber in Sachen "Marketingaktivitäten für unser Kerngeschäft" auf Facebook präsent sein können, erklärte Wrabetz.

Die von der KommAustria infrage gestellte Ö3-Facebook-Seite verfüge über 270.000 Fans, weniger als zehn Prozent der täglichen Ö3-Hörer, auf der FM4-Facebook-Seite gebe es 120.000 Fans. Damit erreiche man keine Massen, "aber es gehört zu einem modernen Markenauftritt dazu", so der ORF-General. In Summe funktioniere die Einhaltung der Online-Beschränkungen aus dem ORF-Gesetz von 2010 jedenfalls ganz gut.

"Teilhabe an der Fernsehzukunft"

Die Präsenz in sozialen Netzwerken sei für den ORF deshalb so wichtig, weil es um die "Teilhabe an der Fernsehzukunft" gehe. "Ab 2013 kommt die Konvergenz zwischen Fernsehen und Internet durch eine neue Fernsehgerätegeneration. Smart-TV wird für Fernsehveranstalter die größte Herausforderung seit der Einführung von Videorecordern in den 1970er Jahren." TV-Geräte würden dann Dinge können, die bisher undenkbar gewesen seien, so Wrabetz. "Das alles wird das Fernsehen grundlegend verändern und die Frage aufwerfen, wer kontrolliert den Fernsehschirm. Künftig werden andere Anbieter und Zwischenhändler wie Apple zwischen den TV-Programmanbietern und ihren Kunden stehen."

Den Zeitungsverlegern bot Wrabetz vor dem Hintergrund dieser Umwälzungen eine verstärkte Zusammenarbeit an. "Ich bekenne mich grundsätzlich dazu, dass es Bereiche gibt, wo wir als ORF nichts verloren haben. Wir sollten aber auch eine gemeinsame Agenda haben, um den zunehmenden Mittelabfluss von österreichischen Medien, der durch das Internet rasant stattfindet, zu verhindern."

"Video-Werbemarkt gemeinsam entwickeln"

Kooperationen kann sich Wrabetz etwa rund um die ORF-TVthek vorstellen, die derzeit rund zwölf Millionen Abrufe pro Monat hat und auf der der ORF gerne Werbung vermarkten möchte. "Es gibt die Möglichkeit, den Video-Werbemarkt gemeinsam zu entwickeln. Mit der TVthek hat der ORF hier einen Vorteil, vielleicht können wir diesen Vorteil aber auch teilen." Der ORF könnte den Zeitungsverlagen etwa TVthek-Videos aus dem Informationsbereich zur Verfügung stellen, die die Medienverlage dann wiederum auf ihren Portalen werbemäßig vermarkten könnten, erklärte Wrabetz.

Bei der "Kurier"-Romy-Verleihung hatte der ORF-General zuvor am Wochenende Lobbying für Erleichterungen bei der Cross-Promotion für den Informations- und Kultur-Spartenkanal ORF III betrieben. Jetzt, wo jeder wisse und sehe, was ORF III sei, bedürfe es dringend einer Evaluierung des gesetzlichen Verbots, meinte Wrabetz. 

Nein der Privatsender

"Ein klares Nein!" zum Wrabetz-Angebot kam via Aussendung von Klaus Schweighofer, Vorstandsvorsitzender des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP) und Vorstand der Styria Media Group. "Dass der Werbe-Multi ORF fordert, auch die TVthek vermarkten zu dürfen, ist unverschämt und dreist", kritisierte Schweighofer. "Der ORF ist bereits massiv im Werbemarkt vertreten. Auch Jahre nach der Liberalisierung wird der Rundfunkwerbemarkt noch vom ORF dominiert. Dazu hat der ORF noch 600 Millionen Euro Rundfunkgebühren. Irgendwann ist Schluss!"

"Der Markt für Bewegtbildwerbung im Internet hat zukunftskritische Bedeutung für die privaten Rundfunkveranstalter", erklärte VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm. "Er ist einer der wenigen Wachstumsmärkte für Privatsender. Wenn die Medienpolitik in diesem Markt den gleichen Fehler macht wie schon in anderen Werbemärkten und dem ORF eine vorzeitige Marktbesetzungsstrategie ermöglicht, zerstört sie eine wichtige Zukunftsgrundlage der Privatsender." (APA/red, derStandard.at, 24.4.2012)