Hannes Jarolim, SPÖ-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, kritisiert die Vorgangsweise der ÖVP im Ausschuss: Was diese der SPÖ in Sachen Nichtladung von Zeugen abverlange, sei zum Teil ein demütigendes Verhalten, sagte er im Ö1-"Morgenjournal" am Montag. Er habe manchmal das Gefühl, dass "eine Art virtuelle Geiselhaft mit der Regierung Schüssel besteht, die ich nicht verstehe". 

Bisher hat die SPÖ bei Zeugenladungen - gemäß der Koalitionsvereinbarung - immer mit der ÖVP gestimmt. Doch im Ö1-Interview sieht Jarolim nun die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner gefährdet. Groß sei die Verlockung, mit der Opposition zu stimmen. "Die Versuchung, jetzt über den Schatten des Unzumutbaren zu springen, war schon sehr groß. Hier denke ich, dass der Untersuchungsausschuss die Regierung als solches nicht gefährden sollte."

Die ÖVP dürfe nicht verkennen, dass irgendwann die Grenze des Zumutbaren erreicht sei, so Jarolim: "Das sind zum Teil demütigende Verhalten, die da verlangt werden." Wenn etwa die SPÖ gegen ihre Überzeugung abstimmen muss oder wenn die ÖVP wolle, dass im Abtausch für einen ÖVP-nahen Zeugen auch ein SPÖ-naher Zeuge geladen werde. So soll zum Beispiel Ludwig Scharinger befragt werden, der ÖVP-nahe Generaldirektor der Raiffeisenbank Oberöstereich, weil gegen Raiffeisen-Verantwortliche in den Causen Buwog und Terminal Tower ermittelt wird.

Disput um Buwog-Zeugenladungen

Die ÖVP hat nun gefordert, dass dann auch Günter Geyer geladen wird, der SPÖ-nahe Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung. Die, so Jarolim, sei zwar auch am Buwog-Bieterkonsortium mit der Immofinanz beteiligt gewesen, "wobei es aber eine große Unsitte ist, hier Unternehmen zu nennen, die eigentlich mit der Angelegenheit nichts zu tun haben. Das ist im Konsortium eine Minderheitenbeteiligung gewesen, die haben auch nicht verhandelt. Ich würde sagen, hier könnte eine kreditschädigende Maßnahme dahinterstecken."

Jarolim lenkt ein

Wenige Stunden nach seinem Interview im Morgenjournal gab Jarolim bekannt, der ÖVP-Forderung zuzustimmen, auch Scharinger  zu laden. "Jeder Versuch, die SPÖ mit reinzuziehen in etwas, was die Regierung Schüssel gemacht hat, wird scheitern", erklärte jarolim. Der Ärger bei Jarolim über die ÖVP scheint sich aber noch nicht gelegt zu haben. Die Frage, ob die Koalition gefährdet sei, verneinte er zwar, aber: Man müsse an "Vernunft und Goodwill" des Koalitionspartners appellieren, damit nicht einer glaube, er sei "Diktator" in der Koalition.

"Faymann und Ostermayer kommen"

In der ÖBB- und Asfinag-Inseratenaffäre verspricht der SPÖ-Fraktionsführer: "Dass Bundeskanzler Faymann und Staatssekretär Ostermayer kommen, steht nicht zur Debatte, sondern das ist so." Der Ausschuss solle sich aber auch die vielen "Inserate von Finanz- und Landwirtschaftsministerium" ansehen, also die Inserate von ÖVP-Ministerien.

Keine Stellungnahme von Korruptionsstaatsanwaltschaft

Amon betonte, dass natürlich alle Konsortiumspartner befragt werden sollen. "Ich verstehe die Aufregung nicht." Man sei nicht gegen eine Ladung Scharingers, auf Referenten-Ebene gebe es bereits Konsens. Er nehme an, dass man die entsprechenden Ladungen am morgigen Dienstag beschließen werde, weil man ja die Ladungen für die nächsten Sitzungen aussprechen müsse. Gefragt, ob er Scharingers Ladung von einer Ladung Geyers abhängig mache, sagte Amon: "Es geht nicht um Junktims", sondern um "Sinnhaftigkeit", man wolle alle am Konsortium Beteiligten hören.

Was aber, wenn die SPÖ doch gegen die ÖVP im Ausschuss stimmt? "Ob das ein Bruch gegen das Koalitionsabkommen ist, kann ich nicht beurteilen. Damit müsste sich dann eine höhere Stelle befassen", sagte Amon zu derStandard.at.

Bei den Ermittlungen zum Korruptionsverdacht rund um die Buwog-Privatisierung und den Terminal Tower hatten im Jänner bei der RLB OÖ Hausdurchsuchungen stattgefunden. Die Bank hatte Korruptionsvorwürfe stets zurückgewiesen.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft wollte am Montag auf Anfrage der APA keine Auskunft geben, ob konkret gegen Scharinger ermittelt wird, und auch nicht, inwieweit die Wiener Städtische in die Causa involviert ist. Man habe jedenfalls alle relevanten Akten dem U-Ausschuss übermittelt, betonte Sprecher Martin Ulrich. (red, apa derStandard.at, 23.4.2012)