Skopje - Die mazedonische Regierung reagiert mit einer diplomatischen Offensive auf die ethnischen Spannungen zwischen Angehörigen der slawischen und der albanischen Bevölkerung nach den jüngsten und bisher ungeklärten Mordfällen. Am Freitag besuchte der albanische Präsident Bamir Topi Mazedonien und traf mit seinem Amtskollegen Gjorge Ivanov zusammen. Topi warnte vor "nationalistischen Reflexen", die auch die Beziehungen in der Region schädigen könnten. Topi und Ivanov riefen zu Frieden auf - trotz der Provokationen.

Nachdem am 13. April, dem orthodoxen Karfreitag, in der Nähe von Skopje fünf ermordete Männer (alle slawische Mazedonier) gefunden worden waren, kam es in Skopje wieder zu Ausschreitungen. Busse wurden attackiert. Einige Personen versuchten in ein Albanerviertel vorzudringen. " Racheakte" wurden befürchtet.

Die Spannungen zwischen slawischen und albanischen Mazedoniern (etwa ein Viertel) haben seit Jänner zugenommen, als sich muslimische Albaner durch Faschingsmasken verhöhnt fühlten. Im Februar erschoss ein Polizist, der nicht im Dienst war, zwei Albaner in Gostivar. Die Polizei behauptet, es habe sich um Notwehr gehandelt. Im März kam es immer wieder zu Attacken, in die Angehörige beider Volksgruppen involviert waren.

In Skopje wartet man nun auf die Ergebnisse der polizeilichen Untersuchungen zu den jüngsten Morden, die bald publiziert werden sollen. Innenministerin Gordana Jankulovska betonte, dass es keine Hinweise für "einen ethnischen Hintergrund" der Tat gäbe, und warnte vor Spekulationen.

Bereits im März besuchte EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle Mazedonien und definierte Reformaufgaben für das Land, das seit 2005 zwar einen Kandidatenstatus hat, aber von Griechenland wegen des Namensstreits blockiert wird und keine Verhandlungen beginnen kann. Die Spannungen in Mazedonien erwecken Ängste, dass es wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen wie im Jahr 2001 kommen könnte. Damals beendete das Abkommen von Ohrid den bewaffneten Aufstand von Albanern. (awö, DER STANDARD, 21./22.04.2012)