Laura Feiersinger berät sich nicht mit Vater Wolfgang. Über Fußball spricht sie lieber mit ihrem Trainer Thomas Wörle.

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Standard: Wie reagieren die Leute, wenn sie erfahren, dass Sie bei Bayern München Fußball spielen?

Feiersinger: Meist sind sie überrascht, ein paar glauben es nicht, die muss ich dann überzeugen. Aber die Reaktionen sind positiv.

Standard: Ringt der Frauenfußball nach wie vor um Anerkennung? Möglicherweise gibt es auch einen gravierenden Unterschied zwischen Deutschland und Österreich.

Feiersinger: Der Unterschied ist gewaltig. In Österreich kommt Frauenfußball medial praktisch nicht vor. Wobei man auch sagen muss, dass das Niveau der Liga in Deutschland viel, viel höher ist.

Standard: Sind die österreichischen Männer näher dran an den Deutschen?

Feiersinger: Ja. Obwohl unsere Liga momentan nicht gut ist.

Standard: Um die Frauen-WM 2011 in Deutschland gab es einen Hype. Danach ist das Interesse abgeflaut. Täuscht der Eindruck?

Feiersinger: Nein, aber man muss es differenzierter sehen. Es kommt auf die Vereine an. Bei uns in München besuchen 500 Zuschauer die Spiele, manchmal sind es auch weniger. Im Cup waren es 1600. In Potsdam, Frankfurt oder Duisburg ist viel mehr los, das sind die Hochburgen.

Standard: Schauen Sie im TV lieber Männer- oder Frauenspiele?

Feiersinger: Die Frage stellt sich so nicht, es werden ja praktisch keine Frauenmatches gezeigt.

Standard: Wie muss man sich Ihre Tätigkeit bei Bayern München vorstellen? Wissen zum Beispiel Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge, wer Laura Feiersinger ist?

Feiersinger: Das weiß ich nicht. Den Vertrag von mir haben sie jedenfalls unterschrieben. Persönlichen Kontakt gab es keinen. Wir trainieren außerhalb von München im Sportpark Aschheim, weit weg von der Säbener Straße.

Standard: Können Sie vom Fußball leben? Und wie schaut das Gehaltsniveau generell aus?

Feiersinger: Das hängt vom Verein ab, in Wolfsburg verdient man am meisten. Einige deutsche Nationalspielerinnen leben gut vom Sport, können sich etwas zur Seite legen. Manche haben, sofern sie nicht größenwahnsinnig agieren, ausgesorgt. Ich bin nicht in dieser Liga, aber der Fußball gibt mir die Möglichkeit, die Gegenwart schön zu gestalten. Für eine Schülerin ist es ein Superverdienst.

Standard: Haben Sie Kontakt zu David Alaba?

Feiersinger: Nein. Ich lebe in Salzburg, pendle viermal in der Woche zum Training nach München.

Standard: Wie beurteilen Sie die Entwicklung von Alaba?

Feiersinger: Er hat heuer einen großen Schritt gemacht, körperlich ist er jetzt auf einem Topniveau. Links hinten spielt er richtig gut.

Standard: Um Bayern München ranken sich Mythen, die "Mia san mia" -Mentalität wurde zum Markenzeichen. Was macht das Charisma des Vereins, dem mitunter Arroganz vorgeworfen wird, aus?

Feiersinger: Das ganze Umfeld ist ein Wahnsinn, die Herrenmannschaft ist super. Man mag die Bayern, oder man mag sie nicht. Arroganz stimmt nicht, ich würde es Selbstbewusstsein nennen.

Standard: Dass Sie Fußballerin wurden, ist aufgrund Ihrer familiären Situation keine Sensation. Inwieweit hat Sie Ihr Vater unterstützt? Oft sagen sportliche Eltern, lerne lieber was Gescheites.

Feiersinger: Ich lerne ja was Gescheites, mache heuer die Matura. Hoffentlich. Und dann will ich studieren. Als Vierjährige habe ich angefangen, Fußball zu spielen. Ich habe jeden Ball getreten. Später habe ich Biathlon und Leichtathletik ausprobiert, aber beides hatte keine Chance. Der Papa hat mir nie abgeraten, er hat mich gefördert.

Standard: Holen Sie sich Tipps vom Vater?

Feiersinger: Nein. Vom Trainer.

Standard: Suchten Sie Vorbilder unter Frauen oder Männern?

Feiersinger: Beides. Als ich klein war, hat mir Beckham getaugt. Jetzt sind es Messi und Fabregas. Die Engländerin Kelly Smith ist super. Das ganze deutsche Frauenteam ist vorbildhaft. Du musst aber in erster Linie selbst trainieren, fleißig sein, dich weiterentwickeln, Erfahrungen sammeln.

Standard: Kann es eine Gleichberechtigung im Fußball überhaupt geben? Im Tennis werden bei den Preisgeldern kaum noch Unterschiede gemacht.

Feiersinger: Das ist schwierig. In dem Zirkus ist nicht so viel Platz. Ich sehe mich nicht als Kämpferin, Vorreiterin oder Politikerin. Wir spielen für uns, das ist auch nett, das macht Spaß. Ich bin in der stärksten Liga der Welt engagiert. Das ist nicht nur lustig, da geht es ganz schön rund.

Standard: Was wollen Sie als Fußballerin erreichen? Männer träumen von Barcelona, Real Madrid oder Manchester United.

Feiersinger: Traumverein habe ich keinen, Bayern München klingt nicht schlecht. Wir sind im Cupfinale. Mit dem Team will ich mich unbedingt für ein Großereignis qualifizieren. Vielleicht klappt es mit der Europameisterschaft. Es ist nicht aussichtslos.

Standard: Wird seitens des ÖFB Frauenfußball ein wenig stiefmütterlich behandelt?

Feiersinger: Mag sein, obwohl man sich bemüht. Es hängt natürlich von den Erfolgen ab. Das ist überall so. Du musst erst gewinnen, um anerkannt zu werden. (Christian Hackl, DER STANDARD)