Stehen vor der vielleicht endgültigen Trennung durch drohende Abschiebung des Vaters: Akhmed Adzhiakhmayev (rechts hinten), Frau und Kinder.

Foto: Regine Hendrich

Wien - Für Akhmet Adzhiakhmayev wird es eng. Kommenden Mittwoch, am 25. April, soll der 45-jährige Mann aus Dagestan abgeschoben werden. Per Flugzeug, nach Moskau, weg von seiner Frau und den beiden acht- und neunjährigen Kindern. So steht es in einer Information der Bundespolizeidirektion Wien, die seine Rechtsvertreterin vor wenigen Tagen erhalten hat.

Adzhiakhmayevs Frau, eine Russin aus Moldau, und die Kinder leben fix in Österreich. Seit April 2011 haben sie eine Niederlassungsbewilligung. Den in Österreich geborenen Kindern sei eine Entwurzelung nicht zumutbar, befand die zuständige Wiener MA 35. Und die Abschiebung des Vaters würde bei den Kindern zu "Verzweiflung, Wut und Aggression" führen, schreibt eine Lehrerin des Sohnes.

Fünf Jahre Haft in Sibirien

Auch Akhmet Adzhiakmayev selbst hat bei der MA 35 einen Antrag für eine Rot-Weiß-Rot-Card gestellt - und dieser ist durchaus aussichtsreich. "Es ist beabsichtigt, den begehrten Aufenthaltstitel zu erteilen", steht in einem Schreiben der MA 35 vom 28. März: Dafür sprechen Adzhiakmayevs familiäre Lage und seine A2-Deutschkenntnisse.

Doch das hilft dem Mann nur bedingt: weil die Sicherheitsdirektion Wien gegen seinen Verbleib Einspruch erhebt. In einer Stellungnahme für die MA 35 vom 12. April sieht sie die "Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen" als gegeben an. Wegen Adzhiakhmayevs Vergangenheit: Vor acht Jahren wurde der Dagestaner nach Russland ausgeliefert, weil er im Tschetschenienkrieg einen russischen Soldaten entführt haben soll. Fünf Jahre saß er in Sibirien ein, wie er sagt, unter Folter, dann kehrte er nach Wien zurück, zu Frau und Kindern.

Amnesty-Generalsekretär empört

Die Auslieferung nach Russland war 2004 höchst umstritten: Amnesty hatte den Fall adoptiert, sprach von einem "hochproblematischen Verfahren". Und auch jetzt, vor der neuerlich drohenden Abschiebung, zeigt sich Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt empört: "Wie viel Unrecht will man dem Mann noch antun?" Bei Rückkehr nach Russland drohe ihm Verfolgung.

Bei der MA 35 sagte Leiterin Beatrix Hornschall am Freitag, die Stellungnahme der Sicherheitsdirektion werde geprüft. An sie gebunden ist die MA 35 nicht. Doch: Auch im Fall der Gewährung der Rot-Weiß-Rot-Card werde es bis zur Ausstellung sieben Tage dauern. Unterstützer - etwa der Historiker Michael Mitterauer und der Wiener Ex-Vizebürgermeister Bernhard Görg (VP), fordern Adzhiakhmayevs Verbleib. (Irene Brickner, DER STANDARD, 21./22.4.2012)