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Am Donnerstagabend war das Audimax für mehrere Stunden besetzt.

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Am Freitag waren die Tore beim Haupteingang der Universität Wien verschlossen.

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Securitys bewachten den Eingang. Einer sagte zu derStandard.at über die Uni-Sperre: "Manche verstehen es, viele schimpfen. Wir dürfen nur Mitarbeiter mit Dienstausweis hineinlassen. Wir müssen bis morgen um 6 Uhr hier stehen."

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Polizisten bei der Kaffeepause.

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Am Freitag fand am Nachmittag im Uni-Campus im Alten-AKH eine "Aktions-Plenum" der protestierenden Studierenden statt. Die erste Forderung: "Die Fernsehkameras sollen raus.“

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Rededisziplin ist gefordert. Die Studierenden zeigen brav auf, und werden in die Rednerliste aufgenommen. Zustimmung zeigen sie, indem sie mit den Händen wackeln, wie aus dem Zuccotti Park (Occupy NY) bekannt.

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Eine der 150 Studierenden, die sich schließlich zum Plenum einfinden, sagt: "Wie mit uns umgegangen wird, ist absolut nicht in Ordnung.“

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Wien - Nach der Räumung des durch Studenten besetzten Audimax an der Universität Wien am späten Donnerstagabend blieb das Hauptgebäude am Freitag geschlossen. Die Studierenden der Internationalen Entwicklung (IE) hatten mit der Besetzung gegen die Abschaffung ihres Bachelorstudiums protestiert.

"Bis alle Beschädigungen behoben und Verunreinigungen beseitigt sind", sei der Zutritt nur für Mitarbeiter möglich, hieß es auf der Website der Universität. Sämtliche Lehrveranstaltungen und Prüfungen wurden abgesagt, "kurzfristige Ersatztermine an anderen Orten sind nicht möglich", hieß es.

Engl: "Bedrohliche Situation"

Der Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, sprach auf einer Pressekonferenz von "unerfreulichen Vorgängen". Vor allem die Besetzung der Räumlichkeiten des Rektorats am Donnerstagvormittag sei eine "bedrohliche Situation" gewesen. "Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an Ihrem Schreibtisch, und 80 Leute stürmen herein", beschrieb Engl die Situation. Nach kurzer Besetzung waren die Rektoratsräume von der Polizei geräumt worden.

Am Nachmittag besetzten die Studierenden - "wie zu erwarten", so Engl - das Audimax. Auch hier veranlasste der Rektor gegen 22 Uhr die Räumung durch die Polizei: "Aus der Erfahrung von vor drei Jahren haben wir uns entschlossen, das Gebäude zu sperren und die Exekutive zu ersuchen, das Audimax zu räumen", sagte Engl.

Entgegen anderslautenden Meldungen bestreitet Engl, die daraufhin erfolgte Aufnahme der Personalien der Studenten angeordnet zu haben: "Vonseiten der Uni gab es keine Veranlassung, Personalien aufzunehmen." Konsequenzen an der Uni werde es für die 200 bis 300 Studenten, deren Personalien aufgenommen wurden, nicht geben.

"Abkühlphase" vor Öffnung

Engl hofft nun auf eine "gewisse Abkühlphase" durch die Schließung des Hauptgebäudes. "Niemand, der etwas versäumt, wird studienrechtlich zu Schaden kommen", so Engl. "Wir versuchen, möglichst bald wieder zu eröffnen." Bereits am Montag soll es so weit sein. Für eine Prüfung in Psychologie, die am Samstag im Audimax stattfinden sollte, wird derzeit ein Ersatzort gesucht.

Engl setzt indes weiter auf den Dialog mit den Studierenden. In zwei Info- und Diskussionsveranstaltungen sollen die Forderungen der Studierenden diskutiert werden. Am kommenden Montag soll eine Debatte über die geplante Einführung von autonomen Studiengebühren debattiert werden, eine Woche später, 30. April, soll es ein Treffen zur Zukunft der Internationalen Entwicklung geben.

Inhaltlich werden sich die Besetzung und die geplanten Veranstaltungen aber nicht auf die Pläne der Universität auswirken. Engl will nach wie vor das Bachelorstudium Internationale Entwicklung abschaffen, lediglich eine "hochqualitatives" Masterstudium anbieten und Studiengebühren autonom einheben. Derzeit gibt es rund 2.000 Bachelorstudierende im Fach Internationale Entwicklung, die aber ihr Studium beenden können. Nur Neuinskriptionen werden nicht mehr möglich sein.

"Der Druck ist nicht sanft"

"Wir stehen unter starkem Druck des Ministeriums, Studiengebühren einzuführen", sagte Engl. "Der Druck ist nicht sanft", betonte der Rektor auf Nachfrage. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sagte dagegen am Freitag erneut, dass die Entscheidung bei den Universitäten liege.

Am kommenden Donnerstag wird im Senat der Uni Wien über die Wiedereinführung abgestimmt. Man will dabei die zuletzt geltende Gebührenregelung übernehmen. Dabei mussten nur Studenten aus Nicht-EU-Ländern und solche, die die Mindeststudiendauer um mehr als zwei Semester übeschritten, bezahlen. An der Uni Wien waren das 13 bis 15 Prozent der Studierenden.

"Durch den Entfall der Studiengebühren entgehen der Uni Wien neun Millionen Euro pro Jahr, das sind 150 Postdoc-Stellen", betonte Engl. Man sei zwar bemüht gewesen, auch diesen Betrag vom Ministerium ersetzt zu bekommen, dieses sei dazu aber nicht bereit gewesen, sagte der Senatsvorsitzende Helmut Fuchs.

Engl: Klagen willkommen

Engl hofft aber, mit der Einführung der Studiengebühren zur Rechtssicherheit beitragen zu können. Die Studierenden animierte er förmlich zu einer Klage: "Klagen sind in dem Sinn willkommen, dass es eine rechtliche Klärung gibt", so Engl. Ob er sich auf die Klagen freue? - "Nicht freuen, aber wir brauchen das. Wir sitzen zwischen den Feuern, und es ist notwendig, das zu klären."

Sein Ziel sei wie das der Studenten: eine bessere Finanzierung durch den Staat. Die Frage nach Studiengebühren müsse aber die Politik entscheiden. "Meine persönliche Wunschlösung wäre eine autonome Lösung für die Universitäten, aber mit Rechtssicherheit", so Engl. Genau diese sieht er aber derzeit nicht.

Töchterle will sich nicht einmischen

Töchterle sieht unterdessen noch keinen Anlass, sich der Diskussion mit den protestierenden Studenten zu stellen. Es gehe um ein Problem, welche Studien in welcher Form angeboten werden sollen. "Das ist eine Diskussion innerhalb der Uni und sollte nach Möglichkeit auch dort geführt werden", sagte Töchterle am Freitag. Er zeigte sich aber bereit, sich einer Diskussion mit den Studenten zu stellen, "sollte das Ganze größere Dimensionen annehmen".

Keine Stellungnahme zur Räumung

Befragt, was er vom Vorgehen der Uni Wien hält, sowohl das besetzte Rektorat als auch das Audimax am Donnerstag von der Polizei räumen zu lassen, sagte Töchterle, dass er keine Details kenne. Er könne nur sagen, wie er als Rektor der Uni Innsbruck reagiert hätte: "Wenn es sich um einen Wunsch nach Diskussion gehandelt hätte und die erzwungen werden sollte, würde ich mich einer solchen Diskussion stellen. Wenn das hingegen in Gewalt ausartet oder auch in massive Störungen des gesamten Betriebs durch eine ganz kleine Gruppe und sie sich nicht bewegen lässt, davon abzusehen, dann muss man auch zu härteren Maßnahmen greifen." (seb, hays, derStandard.at, 20.4.2012)