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Grafik: APA

Washington - Europa muss sich im Gegenzug für eine Erhöhung des weltweiten Schutzwalls gegen die Eurokrise auf einen Machtverlust im Internationalen Währungsfonds (IWF) einstellen. Zwar zeichnete sich am Freitag bei der IWF-Frühjahrstagung in Washington ab, dass der Fonds wie erhofft deutlich mehr frisches Geld erhält, um notfalls Länder wie Spanien und Italien vor der Pleite zu bewahren. Der IWF kann demnach seine Mittel zur Krisenabwehr um mehr als 400 Milliarden Dollar (303 Milliarden Euro) aufstocken. Am Freitag gingen nach Angaben der IWF-Chefin Christine Lagarde weitere Zusagen ein, darunter aus Großbritannien, Russland, Australien und Südkorea. Diese hätten sich inzwischen auf 357 Milliarden Dollar summiert.

Große Schwellenländer wie Brasilien wollen jedoch für ihren finanziellen Beitrag mehr Mitsprache erreichen. Auch Kanada machte sich dafür stark, die traditionelle Dominanz der Europäer beim IWF zu brechen.

Briten und Russen dabei

Großbritannien will sich nach Angaben von Finanzminister George Osborne laut BBC mit zehn Milliarden Pfund (rund 11,8 Milliarden Euro) an der Aufstockung beteiligen. Die Summe liegt innerhalb des bereits vom britischen Parlament genehmigten Gesamtpakets. Die Parlamentarier hatten 40 Milliarden Pfund bewilligt, wovon bereits rund 30 Milliarden Pfund zugesagt worden waren. Vor allem aus Osbornes konservativer Partei kam Gegenwind für die Aufstockung.

Russland sprach von Fortschritten bei den Verhandlungen im Kreis der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20). "Vertrauen Sie mir, die G20 werden eine Summe verkünden, die auch das IWF-Management zufriedenstellt", sagte der stellvertretende Finanzminister Sergej Stortschak im Vorfeld. Russland ist mit zehn Milliarden Dollar dabei.

China und Brasilien Zünglein an der Waage

Europa und Japan haben zusammen bereits 320 Milliarden Dollar zugesagt. Aber auch die Unterstützung von China und Brasilien ist entscheidend, um die angestrebte Verdoppelung der IWF-Reserven für Europa zu erreichen. Brasilien pochte jedoch bis zuletzt auf die bereits zugesagte Stärkung der Schwellenländer beim IWF durch die Anpassung der Mitsprache-Quoten. "Einige Länder sind nicht sonderlich begeistert von den IWF-Reformen", beklagte Finanzminister Guido Mantega mit Blick auf die Europäer. "Sie tun sich weitaus leichter, um Geld zu bitten, als bei der Quotenreform voranzugehen." Angesichts dieser Haltung drohte bis zuletzt, dass die Erhöhung der Finanzkraft mit der IWF-Reform verknüpft werden muss - genau davor hatte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble eindringlich gewarnt.

Auch aus Kanada wehte den Europäern heftiger Gegenwind ins Gesicht. Finanzminister Jim Flaherty warf den Ländern der Eurozone vor, noch immer nicht genug zur Eindämmung der Krise zu tun. Er forderte deshalb neue Regeln, um den Europäern den Zugriff auf Krisenhilfen des Fonds zu erschweren - sie müssten sich zunächst grünes Licht bei den Ländern außerhalb der Eurozone holen.

Starker Widerstand

Der Widerstand gegen die traditionelle Dominanz der Europäer beim IWF war zuletzt kräftig angeschwollen, weil sie über den größten Stimmenblock verfügen und zudem mit Lagarde die Chefin stellen. Diese hielt es erst am Donnerstag für nötig zu betonen, der Fonds sei nicht nur für Europa da. Diplomaten aus Europa vermuteten bereits, dass hinter dem kanadischen Vorstoß die USA stehen. Die Europäer wiederum werfen den USA vor, die IWF-Stimmreform zulasten der Europäer und zugunsten der großen Schwellenländer zu blockieren. Die Reform muss noch durch den US-Kongress ratifiziert werden und ist wegen des US-Wahlkampfes in naher Zukunft unwahrscheinlich. (Reuters/APA/red, 20.4.2012)