Wien - "Warum nehmen Sie denn ein Messer mit, wenn Sie fortgehen?", will Richterin Michaela Röggla-Weisz vom 19-jährigen Imer B. wissen. "Das hatte ich zufällig mit, ein kleiner Chinese hat es mir davor um drei Euro angeboten", antwortet der Teenager mit leiser Stimme.

Verwendet hat er die Waffe am 7. August 2011 vor einem Lokal auf der Wiener Donauinsel. Um einem Security zwei Bauchstiche zu versetzen und einen Gast in den Oberschenkel zu stechen. Gegen 3.30 Uhr war es dort zu einer Auseinandersetzung gekommen, die schließlich in einen Massentumult ausartete. Bei dem auch Liegen und Tische flogen - was einem weiteren Opfer einen Schädelbasisbruch bescherte.

Nicht nur deshalb sitzen B., Aleksandar J. und Ugur K. im Wiener Landesgericht - allen drei wird von Staatsanwältin Theresa Hauser noch eine Reihe weiterer Prügeleien vorgeworfen, die mit Verletzungen endeten.

Alkohol und Frustration

B. und K. gestehen, J. nur zum Teil, sein Verfahren wird ausgeschieden und später fortgesetzt. Röggla-Weisz versucht die Motive für die Gewalttaten zu ergründen. Die vielfältig sind: Zu viel Alkohol, Frustration über die eigenen Lebensverhältnisse, eine knapp über dem Boden liegende Aggressionsschwelle.

Im Fall von B. und K. sei das mittlerweile anders, beteuern sie. B. hat eine Arbeit, besucht ein Anti-Aggressionstraining, bekommt vom Chef und vom Bewährungshelfer ein gutes Zeugnis. Auch K. würde gerne etwas gegen seinen Drang zur körperlichen Lösung von Streitigkeiten machen und bittet das Gericht, ihm eine Weisung zum Besuch eines einschlägigen Trainings zu erteilen, da er es sich privat nicht leisten kann.

Röggla-Weisz erfüllt ihm diesen Wunsch. Und fällt ein - nicht rechtskräftiges - Urteil, das die Chance auf Resozialisierung nicht zerstört. B. erhält 18 Monate teilbedingt, die er durch die Untersuchungshaft verbüßt hat, J. eine zehnmonatige bedingte Haftstrafe. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 19.4.2012)