Ein kleiner Ausblick auf den Sommer: Modisch gesehen ist das eine schwierige Zeit.

Foto: Matthias Cremer

Es ist an der Zeit, einen kleinen Ausblick auf den Sommer zu wagen. Modisch gesehen ist das eine schwierige Zeit. Während sich der eigene schlechte Geschmack im Winter unter Schichten von mausgrauen und schwarzfaden Jacken und Mänteln gut verstecken lässt, schlägt im Sommer die Stunde der Wahrheit.

Jetzt zeigt sich, wer die Vorzüge des eigenen Körpers zu unterstreichen weiß - beziehungsweise den eigenen Speckröllchen, Farbunsicherheiten und Nackte-Haut-Vorlieben gnadenlos ausgeliefert ist. Der Sommer ist die Hochzeit von spannenden T-Shirts, käselnden Flipflops und kunterbunten Kurzarmhemden. Womit wir beim Thema der heutigen Kolumne wären. 

Alles-ist-möglich-Wahn

Einschlägige Lifestyle-Magazine sagen uns für den Sommer nämlich ein erhöhtes Aufkommen an Kurzarmhemden voraus, was weniger damit zu tun haben dürfte, dass jetzt alle auf Piloten oder Busfahrer machen, als mit einer ziemlich unverantwortlichen Laune der Mode. In ihrem Alles-ist-möglich-Wahn entert sie auch die letzten Bastionen des schlechten Geschmacks. Jetzt ist also das verstümmelte Langarmhemd, sprich das Kurzarmhemd dran.

Statt die Ärmel einfach aufzukrempeln oder gleich zum Polo zu greifen, setzen die Designer am Ärmel die Schere an - und das justament genau auf jener Höhe, auf der der Bauch liegt. Das betont besonders schön den Leibesumfang! Wir merken: Über gewisse Kleidungsstücke sollte man einfach hinwegsehen. Oder zumindest einen Mantel (des Schweigens) werfen. (Stephan Hilpold, Rondo, DER STANDARD, 20.4.2012)