Die hochenergetische kosmische Gammastrahlung wirft neue Fragen auf. Gammablitze dürften nämlich nicht dafür verantwortlich sein.

Illustration: NSF / J. Yang

London/Wien - Entdeckt wurde sie vor ziemliche genau 100 Jahren von einem Österreicher: Der Physiker Victor F. Hess behauptete nach Messungen bei einer Ballonfahrt, dass in der Höhe nicht nur die elektrische Leitfähigkeit der Atmosphäre zunahm, sondern auch die sogenannte Gammastrahlung. Was Hess damals Höhenstrahlung nannte, wird heute als kosmische Strahlung bezeichnet.

Darunter versteht man eine hochenergetische Teilchenstrahlung, die sowohl von der Sonne, der Milchstraße aber auch von fernen Galaxien kommen kann. Rund 1000 Teilchen (vor allem Protonen, daneben Elektronen und vollständig ionisierte Atome) treffen pro Quadratmeter und Sekunde auf die äußere Erdatmosphäre. Nur ein geringer Teil davon erreicht auch die Erdoberfläche.

Um die besonders energiereiche Gammastrahlung gibt es neue Rätsel. Bisher ging man davon aus, dass sie von sogenannten Gammablitzen stammen dürfte. Darunter stellt man sich gewaltige Explosionen in fernen Galaxien vor, die in zehn Sekunden mehr Energie freisetzen als die Sonne in Milliarden von Jahren.

Doch an dieser Theorie äußern Nathan Whitehorn und Kollegen nun im Fachblatt "Nature" Zweifel: Sie nutzten bis zu 2,5 Kilometer tief im Eis versenkte Detektoren am Südpol und begaben sich auf die Suche nach jenen Neutrinos, die durch Gammablitze entstehen würden - vorausgesetzt, diese sind die Ursache für die energiereichste kosmische Strahlung. Doch die Anzahl der gefundenen Neutrinos war 3,7-mal kleiner als nach der Theorie prognostiziert - und das Rätsel Gammastrahlung größer als zuvor. (tasch/DER STANDARD, 19.4.2012)