Buwog, Telekom & Co: Die Skandale rund um die Verstrickung von Politikern, Unternehmen, PR-Beratern und Medien haben sich auch auf die Glaubwürdigkeit der Branche niedergeschlagen. Das zeigen auch zwei Online-Umfragen, die vom Institut meinungsraum.at im Auftrag des Österreichischen Ethik-Rats für Public Relations bei 157 PR-Leuten und 500 Konsumenten durchgeführt wurden. Demnach sehen knapp drei Viertel der befragten PR-Leute, dass ihre Branche ein ethisches Problem hat. Drei Viertel jener, die diese Einschätzung teilen, würden einen verstärkten öffentlichen Diskurs über PR-Ethik befürworten.

Wenig Wissen über PR in der Bevölkerung

Bei der Konsumentenumfrage meinten 69 Prozent, Politik und Unternehmen hätten zu viel Einfluss auf die Medien, 63 Prozent wünschen sich strengere ethische Regeln für die Zusammenarbeit zwischen Öffentlichkeitsarbeitern und Medien. Zugleich sagen aber 21 Prozent der Teilnehmer, sie wüssten gar nichts über PR, und nur 40 Prozent fühlen sich ausreichend informiert.

Vertrauensverlust

Gleichzeitig hat die Medienberichterstattung an Vertrauen verloren. Nur noch ein Drittel der Befragten hält Medienberichte für grundsätzlich glaubwürdig, so ein Ergbnis der Studie. Fast die Hälfte glaubt, dass viele Berichte von Politik oder Unternehmen gekauft sind. Für mehr als die Hälfte hat sich die Glaubwürdigkeit in letzter Zeit stark verschlechtert. "Die Ergebnisse zeigen, dass die Medien und die PR-Branche aktiv werden müssen, um bei der Bevölkerung nicht ethisch in der gleichen Ecke zu landen, wo Politik und Wirtschaft derzeit sind", sagt  Roswitha Wachtler von meinungsraum.at dazu.

Wirtschaftliche Abhängigkeit

72 Prozent der befragten PR-Leute sehen wirtschaftliche Abhängigkeit als Grund für die ethischen Probleme der PR-Branche. 54 Prozent nennen mangelndes Bewusstsein für ethisches Verhalten, 41 Prozent schlechte Vorbilder in Politik und Wirtschaft und 25 Prozent Gier als weitere Ursachen. Nur 36 Prozent der Befragten sehen ich selbst allerdings mit ethischen Zwängen konfrontiert, zu drei Viertel durch Gegengeschäftspraktiken in der Medienarbeit. 27 Prozent haben ethische Probleme mit unseriösen PR-Konzepten. 20 Prozent fühlen sich Druck von oben ausgesetzt, der ethisches Verhalten verhindert. Eine große Mehrheit von 86 Prozent fühlt sich den ethischen Zwängen jedoch gewachsen.

Bereitschaft zu aktivem Diskurs

78 Prozent der Agenturen und 53 Prozent der Unternehmen würden sich aktiv an einem öffentlichen Diskurs zu ethischen Fragen beteiligen, ergibt die Befragen.  Rund 70 Prozent der Agenturen und Unternehmen befürworten verschärfte Sanktionen für unethisches Verhalten, jeweils die Hälfte sieht Weiterbildungsangebote zu Ethikthemen als mögliche Lösung. Zwei Drittel der Befragten sehen einen Bedarf an Weiterbildungsangeboten in Sachen PR-Ethik.

PR-Ethik hat in Unternehmen geringen Stellenwert

In den PR-Agenturen sehen 53 Prozent der Mitarbeiter Ethik als fixen Bestandteil ihrer Unternehmenskultur, bei weiteren 36 Prozent wird sie anlassbezogen thematisiert. Einen geringeren Stellenwert hat das Thema PR-Ethik in den PR-treibenden Unternehmen: Hier empfinden nur 18 Prozent der befragten "In-House"-Öffentlichkeitsarbeiter Ethik als Teil ihrer Unternehmenskultur, bei weiteren 52 Prozent wird darüber im Bedarfsfall diskutiert. Keinen Platz für Ethik-Diskussionen gibt es für neun Prozent der Agenturen, aber für mehr als ein Viertel der Unternehmen.

Inhalte von PR-Kodizes wenig bekannt

Gefragt wurde auch nach der Kenntnis der verschiedenen PR-Kodizes, diese Normen geben Verhaltensregeln für ihre Mitglieder vor. 85 Prozent der PR-Leute kennen den Ethikkodex der Berufsvereinigung PRVA - Public Relations Verband Austria. Näheres über dessen Inhalt wissen aber nur knapp über die Hälfte der Befragten. Andere Branchen-Regelwerke wie den Lissabonner Kodex oder die Stockholm Charta kennen jeweils 55 Prozent, aber weniger als ein Viertel weiß konkret Bescheid über die Inhalte.

Wolfgang R. Langenbucher, Vorsitzender des PR-Ethik-Rats, sieht in der Unwissenheit einen Hauptgrund für unethisches Handeln: "Die Angehörigen der Branche sollten sich deshalb einem auf Dauer angelegten professionellen Lernprozess unterziehen. Wo die Ethik fehlt, wird - allzu viele Beispiele aus jüngster Zeit zeigen das dramatisch - der Boden für kriminelles Handeln aufbereitet."

Härteres Durchgreifen

88 Prozent sprechen sich dafür aus, dass der Ethik-Rat seine Arbeit weiter verstärkt. 67 Prozent würden ein härteres Durchgreifen bei Verstößen begrüßen. Der PR-Ethik-Rat kann aber nur öffentliche Rügen aussprechen. Dennoch meinen nur 26 Prozent der Befragten, dass sich durch die Arbeit des PR-Ethik-Rats auch auf längere Sicht nichts verbessern wird, zehn Prozent könnten auf diese Einrichtung ganz verzichten. (red, derStandard.at, 18.4.2012)