Wo Karl-Heinz Grasser auftaucht, ist Medienandrang garantiert. Am Dienstag musste er sich im U-Ausschuss den Fragen der Abgeordneten stellen.

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Sie haben sich schon viele Unfreundlichkeiten ausgerichtet und sich mehrmals vor Gericht getroffen: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und sein früherer Mitarbeiter Michael Ramprecht. Am Dienstag wurden die beiden im Korruptions-U-Ausschuss zur umstrittenen Privatisierung von 60.000 Bundeswohnungen (Buwog) im Jahr 2004 befragt, bei der die Justiz den Vorwurf der Untreue und der Geschenkannahme gegen Grasser und weitere Personen prüft.

Dass die Privatisierung im Großen und Ganzen missglückt ist, machte Rechnungshofsprüfer Stephan Hoynigg klar, der die Causa 2007 unter die Lupe nahm. Allein 200 Millionen Euro ließ sich der Bund entgehen, weil er bei 5500 Wohnungen auf sein Recht verzichtete, im Falle des Freiwerdens Mieter vorzuschlagen. Mehr als 961 Millionen, die die siegreiche Immofinanz-Gruppe zahlte, wären laut dem Beamten auch zu holen gewesen, wenn man die vier Wohngesellschaften in kleineren Paketen verkauft hätte.

Und schließlich passt auch ins Bild der Ungereimtheiten, dass dem Land Kärnten unter Jörg Haider "unentgeltlich" ein Vorkaufsrecht für die Kärntner ESG Villach eingeräumt wurde. Haider nutzte es zwar nicht, wusste laut Hoynigg bei seiner Entscheidung aber bereits, dass die Immofinanz-Gruppe und nicht Konkurrent CA Immo zum Zug kommen würde - trotz eigentlich geheimer Auswahl. "Auf dem normalen Amtsweg hätte diese Information nicht dorthin kommen dürfen."

Und damit wären wir schon bei den zahlreichen offenen Fragen der Buwog-Causa. Hätte Kärnten nämlich nicht auf sein Vorkaufsrecht verzichtet, wäre die CA Immo Bestbieter gewesen. Und in diesem Fall hätten Grassers spätere Geschäftspartner, die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger nie die Zehn-Millionen-Euro-Provision bekommen.

Das Provisionsthema war aber vorerst nur am Rande Thema. Die Schiebung habe nämlich viel früher angefangen, konkret bei der Auswahl des Privatisierungsberaters Lehman Brothers. Das bekräftigte Ex-Grasser-Mitarbeiter Ramprecht neuerlich vor den Abgeordneten. Eigentlich sei sich die Vergabekommission am 5. September 2002 nämlich ziemlich einig gewesen, dass CA IB den Beratungsauftrag bekommen sollte. Der Grasser-Vertraute und Ex-Buwog-Aufsichtsratschef Ernst Karl Plech habe dann die Devise ausgegeben: "Es muss Lehman werden", wie Ramprecht erklärte. Plech bestritt die Vorwürfe bisher entschieden.

Auf Frage von Stefan Petzner, ob Karl-Heinz Muhr - ein Berater und Freund Grassers, der für Lehman Brothers arbeitete - etwas mit dem Verkauf an Lehman zu tun hatte, sagte Grasser: "Mir war wurscht, wer gewinnt."

Maximierung des Ertrages

Ramprecht sagte, er habe die "Anweisung" Plechs zunächst nicht hinterfragt; angenommen, es gehe um die "Maximierung des Ertrages" - für den Staat. Daher habe er die Vergabekommission "umgedreht" (die Abstimmung ging mit 6:3 aus).

Zwei Jahre später habe Plech dann am Rande eines Tennisspiels erzählt, alles sei "ein abgekartetes Spiel" gewesen. Die Sache sei mit dem "Minister" und mit "Luigi Monetti" (Spitzname des früheren Generaldirektors der Raiffeisenlandesbank OÖ, Ludwig Scharinger, die Teil der Immofinanz-Gruppe war) abgesprochen. Auch Scharinger bestritt stets jede Verwicklung in Provisionsgeschäfte.

Grasser befand es zwar als "rechtsstaatlich bedenklich", dass mit der Grünen Gabriela Moser eine Politikerin den U-Ausschuss leitet, die ihn angezeigt hatte, gab sich bei den Fragen aber betont gelassen. Dass er für Lehman interveniert habe, sei eine "glatte Unwahrheit". Ramprecht unterstellte er "niedrige Rachemotive", weil er 2006 dessen Job als Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsgesellschaft nicht verlängert habe.

Warum Haider offenbar schon vorab über die Vergabe informiert war, wisse er zwar nicht, Kontakte zu Meischberger hätten ihn aber nicht überrascht, so Grasser. Selbst von den Provisionsmillionen profitiert zu haben, stritt er neuerlich ab. Bei einigen strafrechtlich relevanten Fragen entschlug er sich der Aussage. Für die Rechnungshof-Kritik zeigte Grasser kein Verständnis, er sprach von einem "sehr guten Preis". Beamte könnten leicht theoretisieren. "Das andere ist die reale Welt." (Günther Oswald, Saskia Jungnikl, DER STANDARD, 18.4.2012)