Der Chemiker Alexander Opitz im Labor.

Foto: TU Wien

Für Alexander Opitz stand schon mit zwölf fest, dass er Chemie studieren würde. Sein Lehrer an der Hauptschule weckte ihn im das Interesse am Periodensystem. "Wenn du einige wenige immer gleiche Prinzipien verstanden hast, erschließt sich gleich viel mehr", betont der Postdoc am Institut für Chemische Technologien und Analytik der Technischen Universität Wien. Über das Totschlagargument seiner Großmutter "Da fallen dir die Haare aus", setze er sich durch den Besuch der HTL für Chemische Betriebstechnik in Wels hinweg.

Sie sollte nicht recht behalten: Das Haar des 31-jährigen Chemikers wächst nach wie vor dicht und lockig. Seine Doktorarbeit wurde Ende 2011 von der Gesellschaft Deutscher Chemiker ausgezeichnet. Darin ergründet er grundlegende Prozesse der Festkörper-Elektrochemie am Mikromodell einer Brennstoffzelle. Diese Anerkennung freut ihn enorm.

"Wenn man ein bekanntes Material modifizieren möchte, kommt neben einem Blick ins Periodensystem oft auch ein gewisses Bauchgefühl ins Spiel - alle möglichen Kombinationen systematisch durchzuprobieren wäre meist einfach zu zeitaufwändig. Ich mag auch diese nicht so exakten Ecken meines Fachs", erklärt der Mühlviertler, der in Saxen aufgewachsen ist. Die nächste größere Stadt ist Amstetten. Im Zuge seiner Diplomarbeit und der auf ihr aufbauenden Dissertation hat er die elektrochemische Reaktion von "Sauerstoff an Platinelektroden auf Yttrium stabilisiertem Zirconiumdioxid" besonders gut kennengelernt.

Dinge, die noch keiner gesehen hat

Dinge zu sehen, die vorher noch keiner gesehen hat, gibt ihm den nötigen Kick, wie er sagt. Dem jungen Chemiker gelang der Nachweis wo, wie genau und wie viel Strom an den Platinelektroden fließt. Drei verschiedene Reaktionswege konnte er unter kontrollierten Bedingungen belegen und quantifizieren. Zudem zeigt seine Arbeit auf, welche Reaktionen unter welchen Bedingungen das Geschehen in einer Hochtemperatur-Brennstoffzelle bestimmen. Mit diesem Wissen möchte er sich nun komplizierteren Materialien und dem umgekehrten Prozess, also der Elektrolyse, zuwenden. Denn während in der Brennstoffzelle aus chemischer Energie Strom erzeugt wird, wird in der Elektrolyse Strom eingespeist, um chemische Reaktionen hervorzurufen.

Mit einem Sechsjahresvertrag in der Tasche kann er sich in Ruhe nach einer geeigneten Arbeitsgruppe umsehen, um internationale Erfahrungen zu sammeln: "Es soll fachlich und persönlich passen und wird sich in den nächsten Jahren sicher ergeben. Denn so groß ist die Community nicht." Unter der Woche fährt er vom Wiener Stadtrand ins Zentrum - bei gutem Wetter vorzugsweise mit dem Fahrrad. Am Wochenende pendelt er nach Saxen, um einen "grünen Ausgleich zur grauen Stadt" zu haben. Dort nimmt er das Gartenalphabet durch: von Baumpflanzen bis Rasenmähen.

Bisher vor allem als Assistent in fachlich fortgeschrittenen Praktika tätig, arbeitet er gerade seine erste Vorlesung aus. Weil er sich für alle möglichen Fragen der Studierenden rüsten möchte, hinterfragt er auch bereits verstanden Geglaubtes aufs Neue. Vielleicht verschaut sich ja genau in seiner Vorlesung wieder jemand in das Fachgebiet. Gemäß dem Motto, das auf Opitz' T-Shirt über einem Ersatz-Schaltbild prangt: " Widerstand ist zwecklos." (Astrid Kuffner, DER STANDARD, 18.4.2012)