Die Seestadt Aspern wird Realität. Langsam, aber sicher. Jüngstes Indiz dafür: Die ersten 1.603 Wohnungen aus der "Wohnbauinitiative" der Stadt Wien wurden in dieser Woche auf Schienen gestellt.

Natürlich nur im übertragenen Sinn - obwohl ja Schienen mit dem großen Stadtentwicklungsgebiet in Wien-Donaustadt untrennbar verbunden sind, konkret jene der U2. Und verbinden sollen sie ab nächstem Herbst die Seestadt mit der großen weiten Welt (also dem Rest von Wien).

Weil die ersten Häuser schon im Planungs-Endstadium sind, gibt es nun auch nicht mehr bloß die ewig gleichen drei, vier grafischen Darstellungen bzw. Annäherungen an das künftige Aussehen der Seestadt - nein, es gibt schon mehr, wie hier im Bild zu sehen ist. Breite Straßen, hohe Erdgeschoßzonen, Wohnbauten mit vielen Freiräumen und gemeinschaftlichen Gemüsebeeten auf den Dächern sowie viele Fahrräder. Auch Touristen scheinen sich auf diesem Computer-Rendering schon in die Seestadt verirrt zu haben. Nur das Wetter spielt zunächst noch nicht so ganz mit: Hinten braut sich was zusammen, vorne links der Dame ist ganz schön kalt.

Rendering: BKK-3

Wir drehen den Blick ein wenig, und wie von Zauberhand klart es auch schon auf. Hier auf Bauplatz D2 (im Bildzentrum) baut der Bauträger ÖVW (eine Erste-Bank-Tochter) - ebenso wie übrigens auf Bauplatz D1, den wir vorhin bei Schlechtwetter recht gut gesehen haben und der nun hier am rechten Bildrand noch ein wenig gestreift wird (für einen Überblicks-Plan siehe hier). Hier ist es nun sonnig und warm, man kann heraußen sitzen. Ein Bub fährt auf einem Segway auf dem Gehsteig vorbei (und riskiert damit bis zu 726 Euro Strafe), die Dame mit den Inline-Skates bemerkt ihn hoffentlich noch rechtzeitig.

Links vorne zeigt eine Dame von Welt ihrem neuen Lover ihre neue Hood: Sie wohnt hier in einer der 330 Mietwohnungen, die der Bauträger ÖVW auf den Bauplätzen D1, D2, D3 und D6 insgesamt errichtet.

Rendering: BKK-3

Am Bauplatz D3 angekommen, ist von den Wolken kaum mehr ein Hauch übrig. Hier sehen wir im Vordergrund den "Westpark", wo es den ganzen Tag über Yoga-Grundkurse geben wird (zur Freude der Spanner im vierten Stock) und wo die nächste Hundezone sicher nur einen Stöckchenwurf entfernt sein wird.

Rendering: BKK-3

Wieder zurück auf der anderen Seite der ÖVW-Bauten ist die Straßenszene weiterhin voll im Gang. Rechts vorne sind auch hier wieder Touristinnen zu sehen, außerdem eine kleine Wandergruppe (wahrscheinlich Naturfreunde oder Architekturstudenten).

Rendering: BKK-3

Auf Bauplatz D5A, auf dem der Bauträger "Urbanbau" 97 Mietwohnungen errichtet, ist dann endgültig Kaiserwetter angesagt. Hier sind die Kids auf der Straße und die Sonnenschirme aufgespannt. Eine Dame im ersten Stock spricht mit ihrem Buchsbaum. Die Anrainerin vorne links zeigt ihrem Begleiter, wo Michael Häupl wohnt.

Rendering: VIZE s.r.o.

Und auch das ist die Seestadt: Ein Hauch von französischer Riviera, zumindest auf den ersten Blick. Dann aber doch nur 61 Mietwohnungen, errichtet vom Bauträger "Schönere Zukunft". Immerhin.

Rendering: J. Knötzl

Von der Cote d'Azur zur Brünner Straße in nur zweieinhalb Minuten - auch das ist die Seestadt. Der Bauträger "Volksbau" baut 291 Mietwohnungen am Bauplatz J2. Die Balkone sind hier weniger farblos als die Anrainer. Die Dame ganz links macht den Eindruck, etwas dagegen unternehmen zu wollen.

Rendering: beyer.co.at images

Ganz anders wieder die Szenerie rund um die drei Objekte des Bauträgers "Aphrodite" mit 67 Mietwohnungen auf Bauplatz J7: Hier wird bei weiterhin strahlendem Sonnenschein gepicknickt und Eis geschleckt - natürlich nur, wenn es die Dame mit den Stelzen ganz rechts im Bild erlaubt.

Rendering: NMPB Architekten

Eine Spur weltstädtischer geht es dann wieder auf Bauplatz J8 zu: Hier baut der Bauträger "Neuland" 174 Mietwohnungen und eine Kaffeerösterei im Erdgeschoß. Der Radfahrer rechts vorne ist gerade frisch hierhergezogen; sein Auto steht noch im Heimatland mit dem schlechten Kaffee und dem Linksverkehr. Die Kids an der Ecke gegenüber sind beim Abhängen kreativ (Motto: "Wer nicht hüpft, hat eine hellgrüne Balkoneinfassung").

Rendering: Michael Lisner

150 Mietwohnungen wird es auch auf Bauplatz J9 geben, ebenfalls vom Bauträger "Neuland". Das Wetter ist traumhaft und die Autofahrer sind vorsichtig, weil die Zebrastreifen noch recht frisch sind. Mit dem Rad kommt man von hier bis in die große weite Welt, mit der U-Bahn auch. Muss man aber gar nicht, ist ja alles da. Bis auf die Hundstrümmerl, auf die hat man in den wunderschönen Computerbildern einfach vergessen. (Martin Putschögl, derStandard.at, 20.4.2012)

Rendering: Michael Lisner