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Ein Gummienten-Bild in einem Facebook-Posting hat in Deutschland einen kniffligen Rechtsstreit ausgelöst.

Foto: APA/Deck

Vergangene Woche wurde ein deutscher Fall bekannt, in dem ein Facebook-Nutzer rechtlich in Anspruch genommen wurde, nachdem ein Dritter ein urheberrechtsverletzendes Posting auf der Pinnwand des Nutzers hinterlassen hatte. Es handelte sich um das geschützte Foto einer Gummiente.

Vom Nutzer wurden Unterlassung und Schadenersatz gefordert. Es erhebt sich damit die Frage, in welchem Umfang man auch in Österreich für fremde Facebook-Postings haftet. Dies gilt natürlich nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Unternehmen, die eine eigene Profil-Seite auf Facebook betreiben.

Nach österreichischem Recht ist jeder Nutzer, der es Dritten gestattet, Postings auf seiner Facebook-Pinnwand zu hinterlassen - ähnlich wie ein Betreiber eines Online-Gästebuches - als Hosting-Provider im Sinne des E-Commerce-Gesetzes zu beurteilen. Dies bedeutet, dass eine schadenersatzrechtliche Haftung für fremde Postings nur in Betracht kommt, wenn man von den fraglichen Postings Kenntnis hat und ihre Rechtswidrigkeit für einen Laien offensichtlich ist.

Doppelte Lizenzgebühr

Eine solche nachweisbare Kenntnis ist z. B. gegeben, wenn der Nutzer das fremde Posting kommentiert oder "ge-liked" hat. Handelt es sich etwa um die Abbildung einer bekannten Comic-Figur oder um einen privat aufgenommenen Mitschnitt eines Pop-Konzerts, wird die Rechtswidrigkeit auch aus Sicht eines Laien offensichtlich sein. In solchen Fällen - die sich täglich millionenfach ereignen - können Nutzer grundsätzlich auf Schadenersatz in der Höhe der doppelten angemessenen Lizenzgebühr in Anspruch genommen werden.

Da der durchschnittliche Facebook-Nutzer mehr als 100 Freunde hat, die seine Pinnwand einsehen können, ist auch keine freie Werknutzung in Form einer Vervielfältigung zum privaten Gebrauch gegeben. Ist die Pinnwand nicht nur für Freunde, sondern für jedermann einsehbar, liegt auch eine öffentliche Zurverfügungstellung vor, die nach dem Wortlaut des Urheberrechtsgesetzes sogar gerichtlich strafbar ist.

Unabhängig von der schadenersatzrechtlichen und der strafrechtlichen Verantwortlichkeit kann ein Nutzer für fremde Postings auf seiner Pinnwand auch auf Unterlassung in Anspruch genommen und so zur Löschung der urheberrechtswidrigen Postings gezwungen werden.

Sowohl für private Facebook-Nutzer als auch für Unternehmen, die eine Facebook-Profil-Seite betreiben, stellt sich die Frage, wie mit diesen veritablen rechtlichen Risiken umzugehen ist. Auf Nummer sicher geht, wer in seinen Privatsphäre-Einstellungen Pinnwand-Postings von Dritten unterbindet oder seine Pinnwand so konfiguriert, dass fremde Postings nur für einen selbst sichtbar sind.

Da dies den sozialen Netzwerk-Effekt von Facebook erheblich mindert, könnten manche Nutzer daran denken, die Sichtbarkeit der eigenen Pinnwand auf den Kreis der Facebook-Freunde einzuschränken. Dies würde das Risiko, dass Rechteinhaber von den rechtswidrigen Postings erfahren und ihre Ansprüche allenfalls gerichtlich geltend machen, in der Praxis erheblich mindern. An der grundsätzlichen rechtlichen Verantwortlichkeit des Nutzers ändert es freilich nichts. Selbst die gerichtliche Strafbarkeit ist - abhängig von der Größe des Freundeskreises - nicht auszuschließen.

Zweifel an Urheberrecht

Die obige Darstellung des geltenden Urheberrechts und seiner Anwendung auf alltägliche Facebook-Sachverhalte mag manchen Nutzer an der Zweckmäßigkeit der heutigen Ausgestaltung des Urheberrechts zweifeln lassen. Hierzu ist anzumerken, dass sich der faktische Anwendungsbereich des Urheberrechts seit der Einführung des "Web 2.0" enorm vergrößert hat. Während noch vor einigen Jahren reguläre Nutzer fast ausschließlich als Inhalte-Konsumenten auftraten, sind heutige Nutzer durch Facebook, Twitter oder Google+ auch zu Inhalte-Produzenten geworden und als solche viel stärker dem Urheberrecht unterworfen. Ob dies Anlass für eine grundlegende Reform des Urheberrechts sein sollte oder schlicht bedeutet, dass sich auch die Nutzer des "Web 2.0" den bestehenden Regeln des Urheberrechts zu unterwerfen haben, ist eine Frage, die im Wege des gesellschaftlichen und politischen Diskurses zu klären sein wird. (Lukas Feiler, DER STANDARD, 17.4.2012)