Die Minidisc war eigentlich eine feine Sache: In Zeiten als Walkman und portable CD-Player dominierten und noch nicht mal Steve Jobs an Ipods dachte, erwies sich die Minidisc als innovative Möglichkeit seine eigenen Sampler zu generieren und diese auch noch unterwegs zu hören. Nachteil der Minidisc waren allerdings die hohen Preise der Endgeräte die sich auch langfristig nicht senken ließen, als schließlich die ersten MP3-Player Einzug hielten war das Schicksal der Minidisc besiegelt. Heute erinnern nur noch manche Sciene Fiction Filme an dieses Medium.

Die Piratenpartei erinnert mich in vielen Eigenschaften an die Minidisc: etwas Neues im Spektrum, dessen langfristiger Erfolg scheint aber mehr als fraglich - aus mehreren Gründen.

Anders sein genügt - oder auch nicht

Angefangen beim Erfolg der Piraten. Der erklärt sich einfach aus dem unerträglichen Zustand der Politik und der Leistung der politischen Parteien, von der sich viele Bürger nicht vertreten fühlen. Als Protestpartei kommen da - vor allem jungen Wählern - die Piratenpartei gerade mal recht und vorab muss eine Protestpartei eigentlich keine Antworten auf wesentliche Lebensfragen der Menschen haben, anders sein genügt. Vorab. Wenn aber die Piratenpartei nicht mehr vom Nimbus des Neuen zehren kann wird es schwierig werden die Wähler allein mit "anders Politik machen" zu locken. Sollten sich die eine oder andere etablierte Partei doch noch besinnen und wieder beginnen Politik für Menschen und nicht für Banken und Konzerne zu gestalten, wird es eng im Wählerspektrum.

Interessant ist auch der Umstand das die Piraten in Deutschland derart stark auftreten, während in krisengeschüttelten Ländern wie Griechenland und Spanien, in denen hohe Jugendarbeitslosigkeit und Perspektivenlosigkeit dominieren die Piraten kaum für Furore sorgen. Es liegt vielleicht daran, das man sich um Copyrightfragen und Vorratsdatenspeicherung auch erst dann Gedanken macht, wenn man damit konfrontiert ist. Für viele junge südeuropäische Menschen die nicht in der Lage sind ihre Existenz zu gründen bzw. täglich darum kämpfen müssen ist der kostenlose Download wohl eher eine reine Luxusfrage.

Wo ist eigentlich das Ziel?

Überhaupt scheint es unverantwortlich Vertreter in der Demokratie zu haben die für viele Themen und Inhalte kein Konzept aufweisen. Natürlich sind viele Parteiprogramme der etablierten Parteien auch oberflächlich gehalten, aber wenn man für sich proklamiert "anders" zu sein genügt es wohl kaum, dass die Andersartigkeit darin besteht auf bestimmte Themen gar keine Meinung und Antworten zu haben.

Ein wesentliches Hindernis für eine erfolgreiche politische Bewegung dürfte neben den mangelnden Visionen auch die innere Struktur der Partei sein. Natürlich kann man darüber diskutieren wie man gemeinsam an ein Ziel kommt. Allerdings ist bei den Piraten die Frage, wo das Ziel eigentlich liegt. Wenn dann noch über jeden einzelnen Schritt endlos diskutiert wird, dann wird es wirklich schwer. Dass die Diskutanten sich dabei hinter ihren Laptopbildschirmen in Sitzungen verstecken und den Augenkontakt vermeiden, scheint auch nicht unbedingt förderlich für die Entwicklung einer politischen Partei. Argumente auszutauschen ist halt doch schwieriger als einen Mag-ich-Button zu klicken.

Hohe Ansprüche

Die Ansprüche der Piraten an sich selbst sind hoch: die Demokratie zu modernisieren, zu reformieren ja die gesamte Gesellschaft umzubauen. Große Worte einer Fraktion, die visions- und konzeptlos endlos diskutierend von einer flüssigen Demokratie philosophiert, ein Konstrukt das an die "unsichtbare Hand" der Neoliberalen erinnert und ähnlich esoterische Züge aufweist.

Die Minidisc ist auch anders als der Mp3-Player. Im Juli 2011 kündigte Sony dennoch an, dass ab September des gleichen Jahres aufgrund der zurückgehenden Nachfrage die Herstellung portabler MiniDisc-Geräte eingestellt werde. Ob die Piraten über 20 Jahre lang am politischen Prozess teilnehmen dürfen, scheint eher zweifelhaft. (Leserkommentar, Bernhard Henning, derStandard.at, 18.4.2012)