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Laut Mitterlehner werde es eine Kennzeichnung, aber kein vollständiges Importverbot für Atomstrom geben.

Foto: AP/Ronald Zak

Wien - Österreich soll spätestens ab dem Jahr 2015 atomstromfrei sein. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich am Montag Regierung, Energiewirtschaft und Umweltorganisationen beim dritten Atomstromgipfel auf eine Vorgangsweise geeinigt, bei der in Zukunft keine als Atomstrom gekennzeichnete elektrische Energie mehr an österreichische Verbraucher oder Industrien verkauft werden soll. Bei Haushaltskunden soll diese freiwillige Verpflichtung der Versorger bereits Ende 2013 sichergestellt sein. Ein Atomstromimportverbot wird es nicht geben, da dies EU-rechtlich nicht möglich ist.

Freiwillige Kennzeichnung

Beginnend mit 1.1.2013 bis Ende 2013 verpflichten sich die heimischen Energieversorger freiwillig, die Kennzeichnung von an Haushaltskunden gelieferten Strom sicherzustellen. Atomstrom sollte dann keiner mehr dabei sein, da die Versorgungsunternehmen sich verpflichten, auf dessen Bezug zu verzichten. Für Industriekunden soll diese freiwillige Maßnahme aufgrund langlaufender Lieferverträge erst bis Ende 2015 umgesetzt werden.

Als zusätzliche Maßnahme ist die Schaffung eines "Atomstromfrei-Gütesiegel" geplant, das auf dem seit Jahresbeginn existierenden Stromkennzeichnungssystem basieren soll. Diese Maßnahme soll den österreichischen Energieversorgern die Möglichkeit bieten, diesen "einzigartigen Verkaufsvorteil" auch werbetechnisch zu nutzen.

In einem zweiten Schritt wird es eine gesetzliche Regelung zur vollständigen Stromkennzeichnung ab 1. 1. 2015 geben. Eine entsprechende Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes (Elwog) soll nach erfolgreicher Notifikation durch die EU in Kraft treten.

Aus für den Graustrom

Die Versorgung mit Strom unbekannter Herkunft, sogenannter "Graustrom", der derzeit noch 14,7 Prozent - und davon 26 Prozent Atomstrom - ausmacht, wird untersagt. Lediglich jene Unternehmen, die direkt von einem ausländischen Energielieferanten Strom beziehen, könnten noch teilweise mit Atomstrom versorgt werden, die - so die Annahme - nur wenig Wert darauf legen werden, als Handlanger der Atomlobby bezeichnet zu werden. Eine Aussnahme, die der AK Wien nicht gefällt, wie sie in einer Aussendung wissen lässt, da der Anteil der Industrie an "Graustrom" wesentlich höher als im Haushaltsbereich sei. Zudem sei für die Industrie der Strom ohnehin um einiges günstiger. Sie dürfe daher nicht bevorzugt werden, wie bei der Ökostromförderung. Die AK wünscht sich, dass die Kosten für die zusätzlichen Herkunftszertifikate zwischen Wirtschaft und Haushalten fair geteilt werden und plädiert überhaupt für Lösungen auf EU-Ebene "insbesondere eine lückenlose, transparente und nachvollziehbare Kennzeichnung der Herkunft von Strom."

"Das ist ein guter Tag für jene, die gegen Atomenergie sind", findet indes Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Mit den beschlossenen Maßnahme wolle Österreich nicht nur zeigen, dass es keinen Atomstrom brauche, sondern auch zur Speerspitze derer gehöre, "die jenen Ländern gegenüberstehen, die uns fälschlicherweise einreden wollen, dass Atomenergie wirtschaftlich besonders günstig ist und dass Atomstrom eine Art Erneuerbare Energie ist", um in der Folge auch von Förderungen zu profitieren. Österreich dagegen setze auf den Ausbau von erneuerbaren Energien.

Keine Verletzung von EU-Recht

Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) sprach von einem "guten Auftakt für eine gemeinsame Zielsetzung", Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) von einem guten Kompromiss für weitere Verbesserungen, ohne dass EU-Recht - etwa durch ein Atomstromimportverbot - verletzt worden sei. Es bestehe auch nicht die Gefahr, dass die Durchleitung von Strom und somit die Rolle Österreichs als Energiedrehscheibe gefährdet werde. Für die Endkunden werden sich die finanziellen Belastungen in "ganz geringen Grenzen bewegen", so Mitterlehner.

Die Umweltorganisationen Global 2000 und Greenpeace sehen in der heutigen Vereinbarung ebenfalls einen großen Erfolg, "dessen Bedeutung über den Kampf gegen die Atomkraft weit über Österreich hinausgeht", wie die Geschäftsführer von Greenpeace Alexander Egit und von Global 2000 Klaus Kastenhofer betonten.

Auch die Regulierungsbehörde E-Control ist zufrieden, unterstütze doch die Einigung alle Anstrengungen, "die zu mehr Transparenz für die österreichischen Stromkonsumenten führen." Für die Grünen war die heute beschlossene Kennzeichnungspflicht schon längst überfällig, und das BZÖ fordert den raschen Ausbau Erneuerbarer Energien.  (APA, 16.4.2012)