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Brückenschlag am Bosporus: Catherine Ashton und Saeed Jalili in Istanbul

Foto: AP/Adanali

Istanbul - Nach langem Nervenkrieg wird im riskanten Streit um das iranische Atomprogramm wieder offiziell verhandelt. Vertreter des Irans und der Weltgemeinschaft einigten sich am Samstag in Istanbul auf eine Fortsetzung ihrer Gespräche. Für den 23. Mai sei ein weiteres Treffen in der irakischen Hauptstadt Bagdad vereinbart worden, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nach der ersten Gesprächsrunde in Istanbul.

Ashton lobte die Zusammenkunft zwischen Teheran und der 5+1-Gruppe, den fünf Vetomächten im UNO-Sicherheitsrat (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) und Deutschland als "konstruktiv und nützlich". Es war das erste Treffen dieser Art seit mehr als einem Jahr. Jetzt gehe es darum, bis zum Bagdader Treffen weiter gegenseitiges Vertrauen zu schaffen. Ziel sei nun, den Streit um das iranische Atomprogramm "Schritt für Schritt" beizulegen. Grundlage der Gespräche solle der Atomwaffensperrvertrag sein, wobei die 5+1-Gruppe das Recht des Irans auf die friedliche Nutzung der Atomenergie vollständig achte.

"Positive Atmosphäre"

Der iranische Chefunterhändler Saaed Jalili sagte, er habe Fortschritte in den Gesprächen über das Nuklearprogramm beobachten können. Es habe Meinungsverschiedenheiten gegeben, aber die Punkte, in denen man Einigkeit erzielte, seien wichtiger gewesen, so Jalili. Irans Forderung nach einer Entschärfung der Sanktionen sollte jedenfalls eines der Themen der Kooperation sein, erklärte er. Die EU hatte im Jänner unter anderem beschlossen, ihre Öleinfuhren aus dem Iran spätestens bis zum 1. Juli zu stoppen.

Schon zu Beginn der Beratungen hatte die EU-Delegation von einer "positiven Atmosphäre" gesprochen. Mit einem Durchbruch im Atomstreit war nicht gerechnet worden, aber zumindest mit einer Absprache über weitere Verhandlungen. Der Iran lehnte ein bilaterales Treffen mit den USA allerdings ab. Die US-Delegation habe ein solches Treffen wiederholt vorgeschlagen, dies sei aber abgelehnt worden, verlautete aus Kreisen der iranischen Delegation.

Nach Angaben aus der iranischen Delegation schlug der Iran vor, sein höher angereichertes Uran unter Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA/IAEO) mit Sitz in Wien selbst zu Brennstäben zu verarbeiten. Nach eigenen Angaben verfügt Teheran über knapp 100 Kilogramm Uran, das auf 20 Prozent angereichert wurde. 20 Prozent Anreicherung reichen nicht für Atomwaffen - dafür wären mehr als 80 Prozent nötig -, sind aber ein Schritt in diese Richtung.

Mengen niedrig angereicherten Urans (3,5 Prozent) könnten als Teil eines Tauschgeschäfts im Ausland verarbeitet werden. Das Material könne in Russland höher angereichert und in Frankreich zu Brennstäben verarbeitet werden. Ein solcher Vorschlag lag bereits bei den Gesprächen im Jänner 2011 in Istanbul auf dem Tisch, ohne dass es einen Durchbruch gab.

Der Westen befürchtet, dass der Iran seine Fertigkeit zur Anreicherung von Uran am Ende zum Bau von Atombomben nutzen könnte. Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad pocht dagegen auf das Recht, Atomtechnik für die Energieerzeugung und die medizinische Forschung zu nutzen. US-Medienberichten zufolge will die 5+1-Gruppe bei den Verhandlungen mit dem Iran die Schließung der neuen unterirdischen Atomanlage in Fordo, den Stopp der Urananreicherung und die Verlagerung der bestehenden Uranbestände ins Ausland erreichen.  (APA, 14.4.2012)