Eine wuchtige Panorama-leinwand im Wiener Mak wurde für fünf internationale Visual Artists zum audiovisuellen Spielplatz aufgebaut.

Foto: Claudio Farkasch/ Soundframe

Plakatmotiv des sound:frame Festivals

Foto: Soundframe

Wien - Graue, verschränkte Aluminiumrohre formen ein kahles Skelett, das sich auf der einen Seite vom Boden emporhebt und auf der anderen Seite vermeintlich im Raum auflöst. Die Rohre tragen eine 16 mal zwei Meter große, nach innen gewölbte Panoramaleinwand, die von weißem Flackern plötzlich zum Leben erweckt wird. Hochfrequente Töne ergänzen das fordernde Bild akustisch. Nach einer Weile gesellen sich Farben hinzu: Rot, Blau, Grün, jedoch so schnell, dass das Auge sie kaum erfassen kann.

Humming, Fast & Slow, die Projektion des österreichischen Videokünstlers Rainer Kohlberger, zieht den Betrachter in wabernde, immer schneller wirbelnde Bildwelten. Unschärfen machen es dem Auge schwer, etwas zu fokussieren, und irgendwann fühlt es sich wie ein visueller LSD-Trip an. Seine auf Algorithmen basierende Arbeit ist ein Beitrag der audiovisuellen Schau Substructions in der Ausstellungshalle des Wiener Mak, die Soundframe-Leiterin Eva Fischer am Donnerstag eröffnete. " Unterbau" heißt auch das Thema der inzwischen sechsten Ausgabe des Soundframe-Festivals für audiovisuelle Kultur, das Fischer 2007 ins Leben rief.

"Unterbau" deshalb, weil man die Rahmenbedingungen - wie z. B. die endgültige Realisierung des Festivals - in den Vordergrund rücken will. Den VJs (Visual Jockeys) wird mit der großen Leinwand im Mak das sprichwörtlich nötige Gerüst geliefert, auf dem sie ihr Zusammenspiel aus Musik und (bewegten) Bildern verschmelzen. Software wie Cubase ist dabei ihr wichtigstes Werkzeug, um Bildpunkte und -flächen nach der Musik tanzen zu lassen.

Reise in die Unendlichkeit

Nacheinander bespielen fünf internationale Videokünstler und Visualisten, darunter Größen wie Robert Henke alias Monolake, die Leinwand. Zusammen mit dem Niederländer Tarik Barri schuf Henke mit Fundamental Forces eine epische, dreidimensional wirkende Installation. Während der knapp zehnminütigen Reise sieht man rote Kanäle und weiße Datenautobahnen, die sich allmählich in eine chaotische Masse verwandeln. Bizarr dabei ist, dass man glaubt, in einen unendlichen Raum zu blicken. Die Installation der beiden basiert auf den vier Grundkräften der Physik: Gravitation, elektromagnetische Kraft, schwache Kernkraft und starke Kernkraft.

Neben den Hybriden aus Pixeln und Bytes widmet sich die Ausstellung an drei Stationen auch theoretischen Überlegungen: Ökologische Aspekte, also wie man das Festival nachhaltiger gestalten könnte, spielen dabei eine Rolle. Ebenso geht es um die Positionierung im System Kunst und einen selbstreflexiven Diskurs über das System "Festival".

An fünf Orten, darunter Brut, Fluc und Morisson Club, werden bis 22. April Performances und Live-Acts zu sehen sein. Außerdem findet eine zweitägige Departure-Conference statt, bei der Kuratoren anderer Festivals, wie dem Grazer Elevate, zu Wort kommen.

Österreich entwickelte sich zu einem Mekka für internationale Visualisten. Es verwundert daher nicht, dass sich die zuvor in Clubs beheimatete Visual Art ihren Weg in museale Hallen geebnet hat.   (Michael Ortner, DER STANDARD, 13.4.2012)