Jetzt ist es schon wieder passiert. Wortgleich haben die beiden steirischen Reformpartner, wild entschlossen, Arm in Arm wenn möglich ihr Jahrhundert, aber mindestens die Steiermark in die Schranken zu weisen, gestern in der Grazer "Kleinen Zeitung" und in den "Salzburger Nachrichten" zu Protokoll gegeben, dass "die Politik neben den Socken steht" beziehungsweise dass uns "die Piraten zur Vernunft rufen". Sie tun solches seit der Landtagswahl 2010 in regelmäßigen Abständen und haben sich damit einen gewissen Ruf eingehandelt, Vertreter eines völlig neuen Politikstils zu sein. Und ein neuer Politikstil gehört derzeit neben einer neuen Moral zu den heißestbegehrten Artikeln auf dem heimischen Parteienjahrmarkt. Nur - woher nehmen, wenn man nicht einmal weiß, wo sie sich stehlen ließen?

"Einfache Lösungen"

Viel mehr als politische Hausmannskost à la "die Menschen wollen einfache und verständlich erklärte Lösungen" oder "die Parteien müssten sich gegenüber neuen Gruppen öffnen und bestehende Probleme ehrlich ansprechen" haben Franz Voves und Hermann Schützenhöfer auch nicht zu bieten, und Erfolge ihrer "Reformpartnerschaft" mag es geben, sie sind aber durchwachsen. Selber sehen sie es "zumindest im Bereich des Möglichen", dass ihr Stil gegen Politikverdrossenheit erfolgreich sein könnte. Mitreißende Überzeugung sieht anders aus, aber sie wollen ihn ohnehin nur bis zur Hälfte der Legislaturperiode praktizieren. Viele Nachahmer hat ihr Modell bisher nicht gefunden. Anläufe zu einem neuen Politikstil und Bauchaufschwünge zu einer neuen Moral werden in diesen Wochen da und dort unternommen, der Verdacht, dass es sich dabei um Leerläufe und Bauchflecke handeln könnte, wächst mit Dauer der Mühen. Am dringendsten ist dieser Verdacht bei den sogenannten Piraten.

Dass eine Truppe, die weder über Programm noch über politische Praxis und erst recht nicht über Personal, sondern lediglich über ein unkanalisiertes Empörungspotenzial verfügt, in Umfragen überhaupt wahrgenommen wird, spricht sicher nicht für die Regierungsparteien, aber auch nicht für den Realitätssinn von Wählern, die sich von ihr eine Verbesserung der Verhältnisse erwarten. Dasselbe könnte man übrigens über die Strache-Truppe sagen, eben wegen ihrer Praxis und ihres Personals, wovon sich zu distanzieren sie häufig selber gezwungen ist.

Aber auch den Versprechen der Koalition, endlich, jetzt aber wirklich, mit der moralischen Umkehr zu beginnen, ist, so wie es im Korruptionsausschuss läuft, mit Skepsis zu begegnen. Zwei Jahre hat sie ein Parteienfinanzierungsgesetz versprochen, nun soll es kommen - und scharf? Wenn die Volkspartei schon wieder einen Verhaltenskodex vorlegen will, leidet die Hoffnung auf Besserung zunächst unter dem Verdacht, der Bock wolle sich zum Gärtner schminken. Moralische Beteuerungen allein, ab Mai werde alles besser, werden aber nicht reichen, den öffentlichen Unmut zu dämpfen, solange nicht die Vergangenheit rückhaltlos aufgearbeitet ist und personelle Konsequenzen auch dort gezogen werden, wo die Geschlossenheit einer Partei leiden könnte. (Günter Traxler, DER STANDARD, 13.4.2012)