Wien - In Deutschland hat die Piratenpartei die Grünen in einer bundesweiten Umfrage erstmals überholt (13 zu elf Prozent). Kein Grund, sich Sorgen zu machen, beruhigen Österreichs Grüne. Das Verhältnis zur jungen Konkurrenz ist dennoch spürbar distanziert.

Offizielle Verbindungen werden von beiden Seiten dementiert. "Einen strukturellen Kontakt gibt es nicht", hält Stefan Wallner, Bundesgeschäftsführer der Grünen, fest. Natürlich schaue man, ob es " themenspezifisch Gemeinsamkeiten gibt".

Patryk Kopaczynski, Vorstand der österreichischen Piratenpartei, sieht das locker: "Wenn wir uns sehen, sagt man sich Hallo", meint er. Es gebe Kontakte "zu den Leuten, die sich mit Datenschutz beschäftigen". Vereint hat man schon gegen das Urheberrechtsabkommen Acta demonstriert - ihnen gemeinsam ist auch der Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung. Und das ist für den Grünen-Geschäftsführer Wallner auch einer der großen Unterschiede zur deutschen Situation: "Wir decken Themen, die in Deutschland von den Piraten forciert werden, schon stark ab." Ob die Piraten es hier daher schwerer haben, Boden zu gewinnen? "Das wäre meine Einschätzung."

Beutelmeyer: "Piraten werden überschätzt"

In dasselbe Horn stößt auch der Meinungsforscher Werner Beutelmeyer von Market: "Die Piraten werden derzeit überschätzt. Sie sind in Deutschland in einigen Landesparlamenten erfolgreich, jeweils aus einer spezifischen Situation heraus - aber das war etwa ein Fritz Dinkhauser in Tirol auch. Doch als der dann bundesweit angetreten ist, hat er nicht nur eine bundespolitische Niederlage erlebt, sondern auch noch seine Heimatbasis beschädigt."

Worauf Österreichs Grüne in diesem Fall gerne verweisen, sind Wählerstromanalysen: Da erhalten die Piraten in Deutschland am meisten Stimmen von Nicht-, FDP- und dann Linke-Wählern.

Reimon: "Völlige Inhaltsleere"

Einer, der für die Grünen die Piraten beobachtet, ist Michel Reimon, Landtagsabgeordneter im Burgenland. Seit langem netzpolitisch engagiert, hatte er erste Treffen der beiden Truppen, nach der Gründung der Piraten im Jahr 2006 organisiert: "Historisch hat es ein gutes Verhältnis gegeben", erzählt er. Davon ist nichts mehr übrig. "Ich wüsste nicht, was ich mit der jetzigen Führung inhaltlich besprechen sollte". Es herrsche eine "völlige Inhaltsleere".

"Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen", kontert Kopaczynski: "Die Kernthemen gibt es ja - Schutz der Privatsphäre, Transparenz in der Politik, freier Zugang zur Bildung. Jetzt arbeiten Taskforces an einzelnen Themenbereichen." Ziel sei es, diese Arbeit bis zum Sommer abzuschließen.

Dass die Piraten besonders bei den Grünen wildern könnten, hält Reimon für eine Art Medienhype: "Tatsache ist: Ich höre von keinem Grün-Wähler, dass er zu den Piraten wechselt. Und ich diskutiere wirklich viel über dieses Thema. Es wird schon den einen oder anderen geben, aber eine Bewegung kann ich nicht ausmachen". Wenn nicht von den Grünen, dann von den anderen, gibt sich Kopaczynski gelassen: "Ich hoffe, dass wir allen Parteien Wähler wegnehmen werden." (Peter Mayr/Conrad Seidl, DER STANDARD, 12.4.2012)