Bild nicht mehr verfügbar.

Im Vorjahr hat Bahrain den GP zunächst verlegt und dann abgesagt. Nun wird erneut zum Protest gegen die Formel 1 aufgerufen.

Foto: AP/Jamali

Manama/Wien - Eine Absage des Rennens am 22. April in Bahrain wäre ein schwerer Schlag für das Königshaus - und ein gewisser PR-Erfolg für die Protestbewegung, die das Land seit einem guten Jahr in Atem hält. Zwar geht es den Absagebefürwortern wohl eher um "Sicherheitsbedenken" und nicht um ein Zeichen gegen die Unterdrückung der bahrainischen Opposition. Aber der Versuch der bahrainischen Behörden, den Anschein der Normalität aufrechtzuerhalten, wäre damit gescheitert, wobei sie gerade zuletzt - auch mit dem Blick aufs Rennen - versucht haben, den Dialog mit den gemäßigten oppositionellen Kräften wieder zu eröffnen.

Bahrain ist ein Sonderfall des Arabischen Frühlings. Kurz nach den Umstürzen in Tunesien und Ägypten begannen auch in Manama Demonstrationen gegen die Obrigkeit: das sunnitische Königshaus, das eine schiitische Bevölkerungsmehrheit beherrscht. Diese Konstellation stellte die bahrainische Protestbewegung, die von Schiiten getragen wird, von Beginn an in ein konfessionelles und regionalpolitisches Licht, anders als in den ersten Ländern des Arabischen Frühlings.

Gläserne Decke für Schiiten

Die bahrainischen Schiiten beklagen wirtschaftliche, soziale und politische Marginalisierung. So gibt es zwar ein kleines gewähltes Parlament, in dem aber eine schiitische Mehrheit stets mit diversen Tricksereien verhindert wurde. Die von den Behörden betriebene "Sunnifizierung" Bahrains äußert sich etwa darin, dass Bürgern aus sunnitischen arabischen Staaten die bahrainische Staatsbürgerschaft fast nachgeschmissen wird.

Dabei ist die konfessionelle Frage aber auch wieder nur ein Aspekt des Kalten Kriegs am Golf, zwischen Iran und Saudi-Arabien. Die Stellvertreterkonflikte in der Region mehren sich, und so wurden auch die bahrainischen Unruhen von den arabischen Golfstaaten als reine iranische Machination, als Einmischung von außen eingestuft, was sogar den Verteidigungspakt der Golfkooperationsstaaten schlagend machte: Mitte März 2011 marschierten saudiarabische Truppen in Bahrain ein, um die dortige Armee zu entlasten, die Tabula rasa machte.

Zwar ließ das Königshaus in der Folge der Niederschlagung der Proteste eine unabhängige Untersuchung zu, die systematische Menschenrechtsverletzungen von Sicherheitskräften an Zivilisten feststellte. Substanzielle Schritte zur Versöhnung wurden danach jedoch nicht gesetzt. In raschen Prozessen wurden harte Strafen gegen Oppositionelle verhängt. Eine große Demonstration Anfang März wurde immerhin zugelassen - wobei ebenfalls die Nähe zum geplanten Formel-1-Event mitgeholfen haben mag.

Einladung zum Extremismus

Die Polarisierung zwischen Schiiten und Sunniten lässt in Bahrain den Extremismus auf beiden Seiten gedeihen, was die Anschlagsgefahr erhöht. Derzeit formieren sich radikale sunnitische Gruppen, die gegen einen Versöhnungsprozess mit den "Verrätern" agitieren. Die arabischen Schiiten am Golf stehen unter Generalverdacht, Agenten für den Iran zu sein. Und Teheran schürt seinerseits heftig und versucht, die bahrainischen Schiiten zu instrumentalisieren, von denen jedoch nur die wenigsten mit dem iranischen System sympathisieren.

Aber die regionale Färbung ihres Aufstands hat die bahrainische Opposition viel Sympathie gekostet - umso mehr würde sie es begrüßen, wenn jetzt die Formel 1 ausbleibt und nicht "auf dem Blut unserer Märtyrer fährt". Entsprechend angestrengt versucht das Königshaus eine Absage zu verhindern. Ein Adressat seiner Bemühungen, zu vermitteln, dass alles zum Besten stehe, sind auch die USA, die in Manama das Hauptquartier ihrer Fünften Flotte haben - und bis auf weiteres einen großen Waffenverkauf an Bahrain eingefroren haben. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 12.4.2012)