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Zu einem Parkinson-Therapie-Gesamtkonzept zählt nicht nur die Medikation sondern auch Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Ernährungsberatung und etwa der Besuch einer Selbsthilfegruppe.

Foto: APA/Patrick Pleul

Am 11. April ist Welt-Parkinson-Tag. "Beweglich bleiben trotz Parkinson" lautet das Motto einer Veranstaltung am 15. April, zu der der Dachverband der Patientenorganisation Parkinson Selbsthilfe Österreich ins Schloss Schönbrunn lädt. Auf dem Programm stehen zahlreiche Vorträge namhafter Experten.

Morbus Parkinson ist eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen an der in Österreich rund 20.000 Betroffene leiden. Verlangsamte Bewegungen, Steifheit der Muskulatur und das sogenannte Ruhezittern sind die Hauptsymptome.

Der lange Weg zur Diagnose

Die Diagnose einer Parkinson-Erkrankung ist nicht leicht zu stellen. Schätzungen zufolge kann es Jahre dauern und die Betroffenen suchen mehrere Ärzte auf, bis sie Gewissheit haben.

Erschwerend kommt hinzu, dass das Parkinson-Syndrom per se mit erhöhter Depressionsneigung und Angstgefühlen verbunden ist.

"Im Rahmen des Erstgespräches sollte der Arzt etwaige Ängste ansprechen und sachlich entkräften sowie sich dem Patienten und dessen Angehörigen als Ansprechperson für alle im Krankheitsverlauf auftretenden Fragen und Probleme zur Seite stellen", betont Dieter Volc, Leiter der Abteilung für Neurologie mit Parkinsonzentrum an der Confraternität Privatklinik Josefstadt, Wien. "Diese kontinuierliche Begleitung trägt wesentlich dazu bei, dass Betroffene mit mehr Zuversicht und Vertrauen mit ihrer Erkrankung umgehen können."

Die Erkrankung beginnt schleichend

Die Parkinson-Erkrankung beginnt meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. In seltenen Fällen kann sie jedoch auch ab dem 30. Lebensjahr auftreten. Die Häufigkeit steigt bis etwa zum 75. Lebensjahr und sinkt dann wieder ab. Von den über 80-Jährigen erkranken 1,5 bis 2 Prozent an einem Parkinson-Syndrom. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Morbus Parkinson wird durch das kontinuierliche Absterben dopaminproduzierender Nervenzellen in einer speziellen Gehirnregion (Substantia nigra) verursacht. Dadurch kommt es zu einem Mangel des Botenstoffes (Neurotransmitter) Dopamin, der bei der Feinabstimmung und Koordination von Bewegungsabläufen eine wichtige Rolle spielt.

Die Erkrankung beginnt schleichend und bleibt häufig von den Betroffenen über längere Zeit unbemerkt. Muskelschmerzen sind oft das erste Symptom. Im Verlauf werden die Beschwerden stärker und damit auch besser erkennbar. Als Hauptsymptome gelten eine Verlangsamung der Bewegungen (Akinesie), Zittern (Tremor) und Steifheit der Muskulatur (Rigor).

Regelmäßige Arztbesuche

Ergänzend zu Routine-Kontrollen und Besuchen beim Hausarzt sollte jeder Parkinson-Patient zumindest im Dreijahresintervall einen Parkinson-Spezialisten aufsuchen, um seine Therapie überprüfen und gegebenenfalls optimieren zu lassen und auch die Verträglichkeit der Parkinson-Medikation mit etwaigen anderen einzunehmenden Arzneimitteln sicherzustellen.

Harald Fischer, Parkinson-Patient: "Mit Hilfe verschiedener oraler Medikamente war ich von Beginn an sehr gut eingestellt. Es ist mir damit rund 15 Jahre sehr gut gegangen, da ich fast keine Symptome gespürt habe. Dadurch konnte ich auch meinen Beruf bis zu meiner Pensionierung im Jahr 2004 mehr oder weniger problemlos ausüben. Betroffene sollten auch bei kleinsten Verschlechterungen einen Spezialisten aufsuchen und sich medikamentös optimal einstellen lassen. Dadurch kann in den meisten Fällen eine sehr gute Lebensqualität erreicht und behalten werden."

Therapeutisches Gesamtkonzept

Morbus Parkinson ist nicht heilbar. Die Erkrankung ist jedoch- mit Ausnahme extrem seltener Sonderformen - in jedem Stadium behandelbar, erklärt Dieter Volc: "Durch die richtige Begleitung und ein therapeutisches Gesamtkonzept kann die Lebensqualität über viele Jahre auf hohem Niveau erhalten werden."

Zu diesem Gesamtkonzept gehört nicht nur die Medikation sondern auch Physio- und Ergotherapie, Logopädie und Ernährungsberatung. "In der Selbsthilfegruppe wird die Eigeninitiative gestärkt und zudem finden Betroffene dort zahlreiche weitere Angebote für soziale Aktivitäten wie Parkinson-Reisen oder auch Tanzkurse", so Volc.

Keine Scheu vor neuen Verfahren

Besonders Verfahren, die auch noch in fortgeschrittenen Stadien zu einer deutlichen und langfristig anhaltenden Verbesserung der Symptomatik führen, sind nach wie vor wenig bekannt und werden leider noch zu selten von betreuenden niedergelassenen Ärzten angeboten bzw. empfohlen, bedauert Volc. "Dies gilt speziell für invasive Methoden wie die Tiefenhirnstimulation - längst ein Routineeingriff - sowie die Apomorphinpumpe und die Levodopa und Carbidopa Pumpe."

Letzteres ist ein innovatives Behandlungssystem, das den Wirkstoff Levodopa (L-Dopa) über eine Sonde durch die Bauchwand hindurch dem Dünndarm zuführt. Auf diese Weise werden eine kontinuierliche und gleichmäßige Dopaminversorgung sowie sehr stabile L-Dopa-Konzentrationen im Blut und Gehirn erreicht.

"Durch das Verschwinden der Wirkungsfluktuationen haben die Patienten einen erheblich größeren Teil des Tages über eine gute Beweglichkeit ohne Überbewegungen", erläutert Willibald Gerschlager, Facharzt für Neurologie am Wiener Hartmannspital.

Gute und langfristige Wirkung

"Ich habe bisher zwei Patienten auf die spezielle L-Dopa Pumpe eingestellt und dabei gesehen, wie die Patienten Schritt für Schritt wieder mehr Lebensqualität erreicht haben", berichtet Gerschlager.

"Der erste Patient konnte das Haus kaum noch verlassen, schon gar nicht allein. Er hat enorm von der Pumpen-Therapie profitiert: Jetzt kann er wieder Rad und sogar Auto fahren, und dies ohne Begleitung. Der zweite Patient war ursprünglich in einer ähnlich schlechten Verfassung. Durch die neue Therapie ist seine Lebensqualität ebenfalls enorm gestiegen. Er kann wieder seinen Hobbys nachgehen und freut sich schon auf die Gartenarbeit im Frühjahr", so Gerschlager.

Parkinson-Patient Harald Fischer lebt seit Jänner 2012 mit der speziellen L-Dopa-Pumpe: "Ich kann wieder fast alles machen. Besonders wichtig ist mir beispielsweise, dass ich mein Hobby, das Reparieren alter Uhren, wieder ausüben kann."

Beweglichkeit trainieren, aktiv bleiben

Seitens der Parkinson Selbsthilfe Österreich betont man, jeder Patient könne selbst einen wichtigen Beitrag zu seiner Lebensqualität leisten, indem er seine körperliche Beweglichkeit trainiere und sozial aktiv bleibe. Die Parkinson-Selbsthilfe bietet hierfür ein breites Angebot zur Unterstützung von Betroffenen und deren Angehörigen. Mit einem speziellen Patientenpreis werden nun Projekte prämiert, die die Lebensqualität von Betroffenen positiv beeinflussen. (red, derStandard.at, 10.4.2012)