Wien - Der Vater nach einer Messerselbstverletzung in Villacher Spitalsbehandlung, die schwangere Mutter und vier Kinder im Wiener Familienabschiebezentrum Zinnergasse: Die bisher in Kärnten untergebrachte tschetschenische Flüchtlingsfamilie Gereev wurde am Dienstag von Amts wegen getrennt.

Aber nur, bis der Vater wieder transportfähig ist, um samt Angehörigen nach Moskau ausgeflogen zu werden: "Das Gesetz sieht die Abschiebung vor" , sagte Klagenfurts Bezirkshauptmann Klaus Riepan. Kärntens Landeshauptmann und Flüchtlingsreferent Gerhard Dörfler (FPK) wies im Standard-Gespräch auf "drei rechtskräftige Ausweisungen" der Gereevs hin. Den - laut Ärzten - suizidgefährdeten Vater bezeichnete er als " verantwortungslos". Der Mann versuche, "sich mittels Verletzung dem Gesetz zu entziehen. Da schneid ich mich auch beim Rasieren."

Expertise ignoriert

Der Abtransport sei den Gereevs nicht zumutbar, widersprach der Klagenfurter Psychotraumatologe Klaus Ottomeyer. "Die fünfjährige Tochter ist schwer traumatisiert." Das sei auch in einem Gutachten Wolfgang Wladikas, Primar der Klagenfurter Kinder- und Jugendpsychiatrie, nachzulesen, das er dem Kärntner Sicherheitsdirektor Albert Slamanig vor kurzem persönlich überreicht habe: "Diese Expertise wurde ignoriert."Die Abschiebung der Geneevs kommt für Ottomeyer überraschend. Die Familie habe Paten, auch eine Wohnung in Klagenfurt werde privat für sie bezahlt.

Längere Frist für Karapetians

Für die gut integrierte Familie Karapetian, die sich vor drei Wochen der Abschiebung entzogen hat, wurde Dienstagabend vor dem Innenministerium in Wien demonstriert. Bei der MA 35, wo ein Antrag auf humanitären Aufenthalt läuft, sagte Leiterin Beatrix Hornschall, man werde den Armeniern eine Fristverlängerung zur Vorbringung neuer Integrationsargumente einräumen. Die Bleibeentscheidung erfolge " aufgrund einer Gesamtschau". Wichtiges Kriterium: "Kein Verstoß gegen Verwaltungsrecht" - etwa gegen einen Abschiebebefehl. (Irene Brickner, DER STANDARD, 11.4.2012)