Leichtbau ist die neue Königsdisziplin, folglich will der SL auch da brillieren; L steht ja für leicht. Ergebnis: 125 Kilo eingespart, 30 Prozent weniger Verbrauch.

Foto: Werk
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Man schaut dann so. Als ob einen das alles gar nichts anginge. Als ob es das Selbstverständlichste der Welt wäre, in einem brandneuen SL 500 durch die Gegend zu kurven. Ein blödes Dauergrinsen würde verraten, dass man sonst auf Normalkost ist. Klar ist man im Blickfeld. Mit dem langen Mattsilbernen. Von ein paar Halbwüchsigen abgesehen, die der Überraschung unverblümt Ausdruck verleihen, bemühen sich jedoch auch die Zuschauer um gleichgültige Mienen. So kommt es, dass beide Parteien schauspielern. Der eine hinter dem Lenkrad, die anderen am Wegesrand.

Gut, wir befinden uns in Marbella, auf einem Strip mit hohem Durchschnittseinkommen, da ist man einiges gewöhnt. Freuen kann man sich ja lauthals, wenn man sich ins Hinterland verdrückt, wo die EU keine Kosten und Mühen gescheut hat, weit ausgreifende Serpentinen in die Steppe zu schlagen und mit cremigem Asphalt zu belegen. Perfekte Teststrecke für den mächtigen Roadster, wo man ihn fliegen lassen kann, bis man einer ernsten, an der Lust engagierten Autofahrens desinteressierten spanischen Polizei in die Arme rast. Sonst fährt da niemand.

Leute, V8, 435 PS, 700 Nm Druck, den kann man nur so bewegen! No, Señor, sagt der Mann, das kann man sehr wohl. Nehmen Sie sich ein Beispiel an greisen Beaus und ihren Kommerzialratsgattinnen unten an der Küste. Die wissen, wie man mit großen Tieren am lockeren Zügel promeniert. Wozu die Eile? Also: Comfort-Taste vom adaptiven Sportfahrwerk drücken, runter mit den Drehzahlen, die nur das Vieh verstören, zurücklehnen in den Lederfauteuil, und lassen Sie sich vom Sitz massieren. Und 93 Euro, por favor.

Prinz von Hohenlohe hätte vielleicht ein Freispiel. Als kleiner Niemand fügt man sich. Und fragt sich bang, wieso die den SL jetzt abgemagert haben um 125 kg durch massiven Verbau von Alu und Magnesium. Nur im Fensterrahmen hockt noch Sicherheit gebender Stahl. Wo er doch gegenüber dem Vorgänger noch schneller auf 100 ist, in 4,6 Sekunden. Wo am Fahrwerk getüftelt wurde, an der 7-Stufen-Automatik, an der Aerodynamik.

Dass man dann l-a-n-g-s-a-m-e-r fährt? Was nützt der kleinste Luftwiderstand, wenn der Widerstand gegen ein bisschen Lebensfreude so groß ist? Zum Heulen. Die schönen 93 Euro. Da kommt man mit nix hin und mit noch weniger zurück. Für jemanden, der sich die 137 Riesen, die der SL 500 kostet, leisten kann, fällt das unter Bagatelle. Der wischt sich solch Unbill mit den neuen Magic-Vision-Wischern, die kleine Wasserkatarakte aus sich selbst schöpfen, weg, legt irgendwas mit viel Wumms auf, um sich vom neuen Frontbass im Resonanzraum der Alukarosse auf die Lenden zu trommeln, und macht sich flüsterleise aus dem Staub.

Ab 31. März kann das jeder in Österreich nachvollziehen. Dann marschieren die neuen SLs in den Schauräumen auf, der 500er und der 350er mit 306-PS-6-Zylinder. Wer noch ein Schäufelchen drauflegt, bekommt den SL 63 AMG mit 537 PS für 185.000 Euro. Alle blicken dann wohlgefällig auf eine mächtige Schnauze. Und zwar von außen und innen. (Andreas Hochstöger/DER STANDARD/RondoMobil/April2012)