Kriege spielten eine zentrale Rolle im Leben des französischen Königs Henri IV.

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Regisseur Jo Baier.

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STANDARD: 19 Millionen Euro Kosten, eine Crew mit 180 Leuten, die erste Liga der deutschen Filmschauspielkunst - und dann ein Totalflop an den Kinokassen. Was ist da schiefgelaufen?

Jo Baier: Wir kommen nicht wirklich auf einen Punkt. Scheinbar gehen historische Filme im deutschen Kino nicht, und erst recht nicht, wenn man, wie bei Henri IV., eine sehr moderne Adaption nach Heinrich Mann macht.

STANDARD: Der Misserfolg erwischte Sie eiskalt?

Baier: Wir alle hatten ganz andere Erwartungen. Ich muss schon sagen, da kaut man sehr lange dran, das steckt man nicht so einfach weg. Wie eine Liebeserklärung, die abgewiesen wird.

STANDARD: Welche Folgen hatte der Flop auf die Auftragslage?

Baier: Ja, das hat schon einen Einfluss, weil erst einmal nichts war.

STANDARD: Das reißt so schnell ab?

Baier: Das geht ganz schnell. Ich habe in der Zwischenzeit Filme gemacht, aber eine Weile war Totenstille. Das Filmen ist wie Abitur: Es zählt immer nur die letzte Note. Man muss mit jedem Film erneut beweisen, dass man es kann. Ich habe eben existenziell das Scheitern von Helmut Dietls Zettl erlebt. Obwohl der Mann großartige Sachen gemacht hat, sagte man: Er kann's nicht mehr. Das Geschäft ist brutal.

STANDARD: Was tun?

Baier: Man versucht sich zu wappnen, indem man sich noch stärker sagt: Du darfst dich nicht verbiegen. Du musst glauben, was du machst. Lass dich nicht zu sehr beeindrucken. Aber das Herz sagt, ich fühle mich doch verletzt.

STANDARD: Sich nicht zu verbiegen hat aber spätestens dann ein Ende ...

Baier: ... wenn man nicht mehr davon leben kann. Jungen Menschen rate ich: Kauft euch nicht zu früh ein Haus, das ihr dann ein Leben lang abzahlen müsst, dann seid ihr erpressbar. Mein Sohn sagt mir das manchmal: Mach doch einmal etwas nur so zum Geldverdienen. Ich kann es einfach nicht.

STANDARD: Im TV gibt's eine Tendenz zum Historischen. "Wanderhure", " Tudors", "Borgia". Was haben die, was "Henri IV." nicht hat?

Baier: Wenn Sie sich die Serie Die Tudors anschauen: Alle Schauspieler sind frisiert, gewaschen, schön hergerichtet - das sind Menschen von heute in historischen Kostümen. Mir war wichtig, dass der Zuschauer die Zeit atmen kann. Die Bilder von Caravaggio waren für mich eine wichtige Vorlage. Ich wollte, dass alles schmutzig und unmittelbar wirkt. Vielleicht erwartet sich das Publikum beim Historienfilm schöne Menschen in schönen Kostümen.

STANDARD: Immer öfter werden anspruchsvolle Stoffe in epische Dramen gepackt. Reizt Sie das?

Baier: Absolut und gerne. Es gibt ein wunderbares Buch von Oskar Maria Graf, Das Leben meiner Mutter. Es beschreibt das Leben einer einfachen Bauersfrau vom 19. bis zum 20. Jahrhundert. Daran denke ich schon lange, aber ich habe noch keinen Interessenten gefunden.

STANDARD: Wer soll die Hauptrolle übernehmen?

Baier: Niemand Bestimmter. Eine Zeit lang dachte ich an Ruth Drexel, die ja inzwischen leider schon gestorben ist. Ich kann mir aber vorstellen, mit Laien zu spielen. (Doris Priesching, DER STANDARD, 6.4.2012)