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Kandidat Khairat al-Shater.

Foto: Mohammed Abu Zaid, File/AP/dapd

Kairo/Washington - Der Präsidentschaftskandidat der Muslimbrüder, Khairat al-Shater, will die islamische Rechtsprechung, die Scharia, in Ägypten einführen. Dies sei sein "erstes und endgültiges" Ziel, sollte er die für Mai und Juni vorgesehen Wahlen gewinnen, erklärte Shater laut Berichten vom Mittwoch bei einer Versammlung einer islamistischen Vereinigung.

Es war die erste bekanntgewordene Stellungnahme Shaters, seit er von den einflussreichen Muslimbrüdern überraschend als Präsidentschaftskandidat aufgestellt wurde. Darin versprach er auch, das Innenministerium zu reformieren, das eine führende Rolle bei der Unterdrückung der Opposition gegen den früheren Präsidenten Hosni Mubarak gespielt hatte.

Shater versicherte, dass er mit dem derzeit regierenden Militärrat keinen Deal bezüglich seiner Kandidatur ausgehandelt habe, die am vergangenen Samstag verkündet worden war. Beobachter hatten gemeint, das Antreten Shaters bei der Präsidentschaftswahl könnte Kandidaten zugutekommen, die mit dem gestürzten Mubarak-Regime verbunden waren. Durch seine Kandidatur würden die Stimmen für die Islamisten aufgesplittert.

Mindestens drei weitere islamistische Kandidaten

Neben Shater wollen noch mindestens drei islamistische Kandidaten antreten. Die chancenreichsten sind Hazem Salah Abu Ismail und Abdel Moneim Abol Fotoh. Der als einflussreich geltende Rechtsanwalt und Salafist Abu Ismail hat für den Fall seines Wahlsiegs angekündigt, alle Frauen in Ägypten zum Tragen des Schleiers zu zwingen. Er würde auch Touristen den Genuss von Alkohol in der Öffentlichkeit verbieten.

Shater gehört der "Religiösen Vereinigung für Rechte und Reformen" an, die eine strenge Auslegung des Islam vertritt. Der Präsidentschaftskandidat versicherte Dienstagabend, dass er sich für die Bildung eines Gremiums einsetzen werde, das dem Parlament helfen solle, die Scharia einzuführen.

Der 61-jährige Millionär und Geschäftsmann wollte am Donnerstag die für seine Kandidatur nötigen Dokumente vorlegen. Er gilt als aussichtsreichster Bewerber, da die gut organisierten Muslimbrüder hinter ihm stehen, deren Vertreter die stärkste Kraft im Parlament bilden.

Der wachsende Einfluss der Islamisten wird im Westen mit Besorgnis verfolgt. Vor allem wird befürchtet, dass Ägypten das 1978 mit Israel geschlossene Friedensabkommen aufkündigen könnte.

Vertreter der Muslimbrüder im Weißen Haus

Vertreter der Muslimbruderschaft sind am Mittwoch zu Gesprächen mit dem Nationalen Sicherheitsrat der USA im Weißen Haus in Washington empfangen worden. "Wir sind der Auffassung, dass es im Interesse der Vereinigten Staaten ist, mit allen Parteien in Kontakt zu treten, die sich zu demokratischen Prinzipien und zu Gewaltfreiheit bekennen", erklärte Sicherheitssprecher Tommy Vietor zu dem Treffen. Auch die republikanischen US-Senatoren Lindsey Graham und John McCain führten Gespräche mit den Muslimbrüdern.

US-Außenministerin Hillary Clinton hatte am vergangenen Sonntag am Rande der Syrien-Konferenz in Istanbul erklärt, die USA würden die ägyptischen Präsidentschaftskandidaten an deren "Respekt" vor den Menschenrechten messen. "Wir werden sie sehr genau beobachten und ihre Haltung gegenüber den Rechten und der Würde jedes Ägypters prüfen". Für Diskriminierung von religiösen Minderheiten, Frauen und Oppositionellen würden sie verantwortlich gemacht. Zuvor hatten die ägyptischen Muslimbrüder ihren stellvertretenden Vorsitzenden Khairat al-Shater als Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten aufgestellt, der angekündigt hat, dass er die islamische Rechtsprechung, die Scharia, einzuführen beabsichtige.

Die Muslimbrüder hatten ihre Bereitschaft zu "begrenzten" Kontakten mit den USA bekundet, zugleich aber die "amerikanische Politik der Unterstützung für Diktatoren zum Schaden der Völker in dieser Region" verurteilt. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles hatte die US-Regierung scharf kritisiert und erklärt, es sei ein "gefährlicher Irrtum", den Muslimbrüdern eine Legitimation zu verleihen, weil sich an deren "Hass auf die Juden und Israel" nichts ändern würde.

Ex-Geheimdienstchef Suleiman verzichtet auf Kandidatur

Kurz vor dem Ende der Anmeldefrist für die Kandidaten der Präsidentschaftswahl hat der ehemalige langjährige Geheimdienstchef und kurzzeitige Vizepräsident Omar Suleiman auf eine Bewerbung verzichtet. Der 77-jährige Ex-General begründet seinen Rückzug laut Medienberichten vom Donnerstag damit, dass ihm die finanziellen und organisatorischen Mittel für einen Wahlkampf fehlten. Suleiman entschuldigte sich bei seinen Unterstützern, die in den vergangenen Wochen die Werbetrommel für ihn gerührt hatten.

Um zur Wahl am 23. und 24. Mai zugelassen zu werden, benötigt ein Kandidat, sofern er nicht von einer Parlamentspartei nominiert wird, 30.000 Unterstützungs-Unterschriften. "Ich habe versucht, die administrativen und finanziellen Hindernisse zu überwinden, sehe mich aber in meinen Möglichkeiten überfordert", zitierte die Nachrichtenagentur MENA Suleiman, der nach dem Beginn der Massenproteste im Jänner 2011 von Präsident Mubarak zum Vizepräsidenten ernannt worden war, um dessen Amt zu übernehmen. Als Mubarak am 11. Februar zum Rücktritt gezwungen wurde, verlor auch Suleiman sein Amt, weil das Militär unter Führung von Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi direkt die Macht ergriff. (APA, 5.4.2012)