Foto: K. Seiser/esskultur.at
Foto: K. Seiser/esskultur.at
Foto: K. Seiser/esskultur.at
Foto: K. Seiser/esskultur.at

Auf der Insel treffen die kulinarischen Traditionen von Thais, Chinesen und Indern auf jene der buddhistischen und muslimischen Malaysier - die Folge ist eine abenteuerliche Vielfalt, die sich am besten auf den Straßenmärkten der Hauptstadt George Town erleben lässt: mit Kräutern und Curry aufgeladene Nudelsuppen, Frühlingsrollen, Fischkopfcurrys und vieles, vieles mehr.

Foto: K. Seiser/esskultur.at

Das Unesco-Welterbe ist bloß ein Vorwand, nach Penang zu reisen. Alle kommen wegen des Essens. Die Altstadt der Hauptstadt George Town ist reich an chinesisch dominierter Geschichte. In der Street of Harmony stehen ein buddhistischer und ein Hindu-Tempel neben einer anglikanischen Kirche und einer Moschee. Gläubige gehen ohne Security ein und aus.

Die vielen Ethnien im Land spiegeln sich auch in den Straßen zwischen den historischen Gebäuden wider: Thailändische, chinesische und indische Küchen verbinden sich mit malaiischen Traditionen zu Geschmäckern, die mit schillernd noch immer nicht treffend genug beschrieben sind. Außerdem gibt es in Penang - daneben nur noch in Malakka und Singapur - die Peranakan- oder auch Nyonya-Küche, die aus malaiisch-chinesischen Mischehen entstanden ist.

Peranakan, auch Straits-Chinesen oder Baba-Nyonya genannt, haben bereits vor mehr als 1000 Jahren begonnen, sich in Malaysia anzusiedeln. Aus den strengen chinesischen Ritualen, nicht nur im kulinarischen Bereich, und dem Einfluss der neuen Heimat ist eine einzigartige Kultur entstanden, die heute nur noch an wenigen Orten gelebt wird. In Penang, besonders George Town, verteidigt die Peranakan-Community nach wie vor ihren Status als prägendes Element der Stadt und vor allem ihrer Küchen. Wer in Penang etwas auf sich hält und eine Feier ausrichtet, geht in ein Nyonya-Restaurant. Nyonya ist die Bezeichnung für Großmutter, während Baba den Großvater meint.

Aufwändige Zubereitung

Den guten Ruf verdankt die Nyonya-Küche ihrer aufwändigen Zubereitung. Sie vereint gekonnt Curry-Aromen aus Kurkuma oder Koriander mit Säure aus Tamarinde, frischen Kräutern wie Wild Betel (Daun Kadok) und Laksa Leaf (Vietnamesische Minze) und der Schärfe von Chilis. Die Süßspeisen "Nyonya Kuih" aus Reismehl, Kokosmilch und Gula Melaka, dem besonders aromatischen, weichen malaiischen Palmzucker, werden nur zu festlichen Anlässen zubereitet.

Am besten bucht man ein Zimmer ohne Frühstück in einem der alten chinesischen Geschäftshäuser in George Town, die nach und nach in Heritage Hotels umgebaut werden - und eine Food Tour. Der Ess-Alltag spielt sich fast ausschließlich auf der Straße ab. Man startet mit Hawker Food (darunter wird das Essen der Straßenstände zusammengefasst, Anm.) auf einem Morgenmarkt wie Pulau Tikus mit über Holzkohle gegrilltem Toast mit Kaya, einer Art Aufstrich aus Kokos, Palmzucker und Eiern. Dazu wird in Malaysia gesüßter Kaffee oder malaiischer Schwarztee - oder eine Mischung aus beiden - getrunken. Apom Balik, kleine Palatschinken, die in wokartigen Gusseisenpfännchen gebacken werden, sind mit Bananen, süßem Mais und Erdnüssen gefüllt.

Nudeln zum Frühstück

Ein paar Stände weiter bietet einer der ältesten Marktstandler Penangs in zweiter Generation das Nudelgericht Chee Cheong Fun an. Frische breite Reisteignudeln, weich gedämpft, mit drei verschiedenen, Umami-reichen Saucen aus fermentierten Sojabohnen (erinnert an Hoisin-Sauce), Chili und vergorener Shrimpspaste, die in Malaysia Belacan genannt wird, zähflüssig ist und als Geheimwaffe in vielen Gerichten zum Einsatz kommt.

Eine Portion Char Kway Teow, das neben Laksa wohl bekannteste Gericht Penangs, entspricht vom Fettgehalt zwar einem halben Backhendl als Frühstück, aber die rauchigen, in Schweineschmalz im Wok gebratenen Nudeln mit dunkler Sojasauce, Sojasprossen, Muscheln, Garnelen, scharfer chinesischer Wurst und Lauch duften so verlockend, dass Spiegeleier mit Speck dagegen wie eine Fastenspeise wirken.

Nach ein wenig Gewürzkunde im Tropical Spice Garden führt der Weg nach Balik Pulau, jenem Ort im Zentrum der Insel, an dem die berühmteste aller Laksas zubereitet wird. Diese vielgerühmte Nudelsuppe gibt es in ganz Malaysien, meist auf Fischbasis, wobei aber über die genaue Machart und Zutaten überall in Malaysien so gerne diskutiert wird wie bei uns über den einzig wahren Erdäpfelsalat.Die säuerliche Nyonya Asam Laksa wird aus Makrele und viel Laksa Leaf mit Tamarinde zubereitet.

Als Einlage gibt es neben dicken Reisnudeln zerpflückte Fischstückchen, frische Ananas, Gurke, Schalotten, Chili, Minze, Laksa Leaf und die in feine Streifen geschnittenen rosa Blüten einer Ingwerart. Ein Löffel Belacan rundet diese Laksa ab.

Nach dem ersten Schluck mit kräftiger Säure und fruchtiger Süße, angenehmer Schärfe und kräuterfrischer Duftigkeit erscheint es ganz selbstverständlich, dass Gäste vier Autostunden aus Kuala Lumpur oder sogar Singapur extra für eine Schale dieser Suppe anreisen. Dazu trinkt man frisch gepressten Muskatsaft aus den Früchten, die wie unreife Marillen aussehen. Serviert wird Nutmeg Juice mit einer eingelegten Sauerzwetschke: Nektar und Ambrosia in einem.

Curry mit Stadtführung

Wenn der kulinarische Wagemut es zulässt - und das sollte er nach entsprechender Akklimatisierung unbedingt - genießt man erfrischendes Cendol: geschabtes Eis mit süßen roten Bohnen, Mais, mit Pandanblättern aromatisierten Nudeln und einer kalten Kokossuppe mit Palmzucker. Nach dem Besuch alter Clanhäuser wie dem Green oder Blue Mansion bietet sich Nasi Kandar an.

Die muslimisch-indischen Lokale mit den langen Schlangen Wartender davor bieten Fish Head Curry ebenso an wie Beef Rendang, eine Art trockenes, warm-würziges Rindercurry, Tintenfisch oder Gemüsegerichte aus langen Bohnen, Okra und Omeletts. Es kann sein, dass man an einem Nasi-Kandar-Stand eine oder zwei Stunden ansteht.Als Weiße/r wird man dann unweigerlich gefragt, warum man Hawker Food isst und ob es einem schmeckt.

Essen ist Volkssport und wichtigstes Gesprächsthema in Malaysia. Dann folgen Tipps, welche Speisen an diesem Stand besonders gut sind, welche man lieber woanders und welche am nächsten Tag essen sollte. Die gilt es gleich zu notieren, denn Namen haben die meisten Hawker-Food-Stände keine.

Sie werden nach den Straßenkreuzungen, Geschäften, vor denen sie stehen, Uhrzeiten, zu denen sie kochen und Alter bzw. Physiognomie ihrer Inhaber/innen beschrieben. Wer dann noch Zeit und Lust hat, kann sich den beeindruckenden alten Stadthäusern, den Tempeln und Klöstern hingeben, die Penang auch zu einem kulturhistorisch einzigartigen Ort gemacht haben. Aber wie gesagt: Die meisten kommen nur wegen der unglaublichen Vielfalt an gutem Essen. (Katharina Seiser, Rondo, DER STANDARD, 06.04.2012)