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Boris Tadic auf einem Archivbild vom Dezember 2011.

Foto: EPA/KOCA SULEJMANOVIC

Belgrad - Der serbische Präsident Boris Tadic tritt vorzeitig aus dem Amt zurück und macht damit den Weg frei für Neuwahlen. Diese sollen am 6. Mai, gemeinsam mit den Parlaments- und Lokalwahlen, stattfinden. Er habe sich entschieden, seine Amtszeit, die regulär noch zehn Monate dauert, zu "verkürzen", um zu ermöglichen, dass am 6. Mai gleichzeitig Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden könnten, sagte Tadic am Mittwoch in Belgrad. Der Staatschef, dessen Amtszeit regulär bis Februar 2013 gelaufen wäre, will erneut als Kandidat antreten.

"Ich kandidiere bei der Wahl mit vollem Optimismus wegen der positiven Trends in unserem Land", kündigte der Spitzenpolitiker an: "Wir werden ganz sicher gewinnen!" Durch die Neuwahl hätten die Bürger "Gelegenheit, über den weiteren Weg Serbiens entscheiden", sagte Tadic. Er stehe für die weitere Annäherung seines Landes an die Europäische Union, sagte er. Serbien werde aber "niemals" das Kosovo anerkennen.

Parlamentspräsidentin muss vorgezogene Wahl noch bestätigen

Die vorgezogene Präsidentschaftswahl muss noch durch Parlamentspräsidentin Slavica Djukic-Dejanovic bestätigt werden. Bis zur Neuwahl des Präsidenten übernimmt die 60-jährige Ärztin und langjährige Spitzenfunktionärin der mitregierenden Sozialistischen Partei (SPS) laut Verfassung die Amtsgeschäfte von Tadic. Sie ist die zweite Frau in diesem Amt. Im Jahr 2003 wurde es vorübergehend von der damaligen Parlamentspräsidentin Natasa Micic, der derzeitigen Abgeordneten der oppositionellen Liberaldemokratischen Partei (LDP), verrichtet. Die aus dem zentralserbischen Kragujevac stammende Djukic-Dejanovic gehört seit 1996 zur SPS-Spitze.

Nach Einschätzung von Beobachtern hat Tadics Rücktritt vor allem wahltaktische Gründe. Mit der vorgezogenen Präsidentenwahl will er demnach die Chancen seiner Demokratischen Partei (DS) bei der Parlamentswahl verbessern und für eine höhere Wahlbeteiligung sorgen. Im direkten Vergleich mit seinem aussichtsreichsten Konkurrenten Tomislav Nikolic von der nationalistischen Serbischen Fortschrittspartei (SNS) sehen ihn viele Beobachter klar im Vorteil. Am 6. Mai finden in Serbien auch Regional- und Kommunalwahlen statt.

Tadics Partei in der Kritik

Der DS-Partei von Tadic wird von breiten Teilen der Bevölkerung die soziale und wirtschaftliche Misere im Land angelastet. Auch wenn die DS nur der zweite Platz bei der Parlamentswahl vorausgesagt wird, dürfte sie nach Darstellung der Analytiker doch an der Regierungsmacht bleiben. Denn sie könne auf eine größere Zahl von Koalitionspartnern zurückgreifen als die SNS.

Im März hatte die EU Serbien den Kandidatenstatus gewährt. Damit hatte Tadic sein oberstes außenpolitisches Ziel erreicht. Mit der Ergreifung des wegen Kriegsverbrechen angeklagten bosnisch-serbischen Ex-Generals Ratko Mladic im Mai 2011 und einer Verbesserung des angespannten Verhältnisses des Landes zum Kosovo hatte Serbien zuvor wichtige Forderungen der EU erfüllt.

Von der weltweiten Wirtschaftskrise wurde Serbien jedoch hart getroffen. Fast eine Million der insgesamt 7,2 Millionen Einwohner sind arbeitslos, das durchschnittliche Monatseinkommen liegt lediglich bei rund 350 Euro. (APA, 4.4.2012)