Angesichts der verzweifelten Lage in Syrien ist schwer zu verstehen, warum Sondervermittler Kofi Annan dem syrischen Regime eine Woche - bis zum 10. April - gibt, um seine Truppen zurückzuziehen.

In dieser Woche werden viele Menschen sterben, das wird die Fronten weiter verhärten, wobei sich jedoch die strategische Ausgangslage für beide Seiten nicht wesentlich ändern wird: Die Regimetruppen werden sich hart tun, vor den Rebellen zu kapitulieren - und überall dort, wo sie diese nicht völlig niedergerungen haben, läuft es darauf hinaus. Und die Rebellen werden ebenso damit hadern, vorerst ihr Ziel fallen lassen zu müssen, dessen Erreichbarkeit ihnen täglich von außen zugesichert wird: das Ende Assads.

Vielleicht braucht Annan die eine Woche auch, um das Problem zu lösen, das sich durch die Gleichzeitigkeit seines diplomatischen Durchbruchs mit der Ankündigung der arabischen Golfstaaten ergeben hat, die Free Syrian Army (FSA) finanzieren zu wollen. Annan muss demnach nicht nur die FSA und die anderen bewaffneten Gruppen, sondern auch Saudi-Arabien und Katar überzeugen, dass es sinnvoll ist, der Diplomatie noch eine Chance zu geben.

Vage Assoziationen an die Zeit vor dem Irakkrieg 2003 werden wach: Da hat die internationale Gemeinschaft im Theater „Inspektionen" gespielt, obwohl längst schon ein ganz anderes Stück lief. Diesmal wird die direkte Intervention übersprungen, und der Bürgerkrieg ist bereits da. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 04.04.2012)