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Am Dienstag war Eurogruppenchef Juncker zu Gast im Linzer Landhaus. Dort traf er Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer. Die Stimmung war diesmal formidabel.

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Jean-Claude Juncker mit Maria Fekter beim Gipfel in Kopenhagen.

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Wien/Linz - Es habe zwar "keinen bitterbösen Streit" gegeben, sagte Jean-Claude Juncker am Dienstag, er ließ aber dennoch keinen Zweifel daran, dass er wirklich verärgert war - und nach wie vor ist. Der luxemburgische Premierminister und EU-Gruppenchef Juncker war am Dienstag auf Einladung der Raiffeisenlandesbank in Linz und stellte noch einmal aus seiner Sicht seine Auseinandersetzung mit der österreichischen Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) dar.

Juncker war schon am Wochenende höchst erbost darüber, dass Fekter nach den Verhandlungen in Kopenhagen die Ausweitung der Rettungsschirme auf eine Garantiesumme von 800 Milliarden Euro in einer Stellungnahme vor den Medien vorweggenommen und damit seine Pressekonferenz abgeschossen hatte. Darauf in Linz angesprochen meinte er: Er habe der Finanzministerin deutlich machen müssen, dass man "nicht ständig aus Sitzungen ausplaudern" dürfe. Auch wenn sie die "direkte Rede" gewohnt sei, das Vorpreschen in Kopenhagen ging ihm zu weit: "Es hat gereicht", begründete Juncker die Ausprache mit Fekter und die Absage der Pressekonferenz.

Nicht weniger irritiert zeigte sich der EU-Gruppenchef auch über Fekters anschließendes STANDARD-Interview. Darin fand die Ministerin folgende Erklärung für die Absage der Pressekonferenz: "Ich habe im Vorfeld sehr lange mit ihm gesprochen, er hat erzählt, dass er Nierensteine hat, direkt aus dem Krankenhaus kommt, enorme Schmerzen hat."

Juncker kennt seinen Gesundheitszustand selbst

Diese Indiskretion sorgte in EU-Kreisen erst recht für Verwunderung und für manche Entrüstung. Jean-Claude Juncker selbst wollte zu seinem Gesundheitszustand keine Angaben machen. "Den kenne ich selbst", sagte er am Dienstag und zog sich zu Gesprächen mit Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer zurück.

"Fekter hat sich entschuldigt, dabei sollte man es belassen", heißt es dazu im Büro von ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger. Das Thema werde aufgebauscht, und Österreichs Glaubwürdigkeit habe jedenfalls nicht gelitten, wie behauptet werde.

Hinter den Kulissen haben der Auftritt von Finanzministerin Fekter in Brüssel und ihre nachfolgenden Statements sehr wohl für Aufregung und diplomatische Verstimmungen gesorgt.

Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter und Vizepräsident des Europaparlaments, wollte den Zwischenfall in Kopenhagen nicht näher beurteilen: "Ich war ja nicht dabei. Es kursieren so viele widersprüchliche Erklärungen, warum das so geschehen ist." Eines wollte er dann doch klarstellen: " Politik ist auch eine Frage des Stils der Handelnden. Die Stilfrage ist neben der Kompetenz die Grundlage für Glaubwürdigkeit und Vertrauen."

Grundsätzlich findet es Karas aber "schade, dass mit persönlichen Geschichten und Eitelkeiten von den inhaltlichen Debatten abgelenkt werde. Was wir dringend brauchen, ist eine Debatte über die Zukunft Europas. Europa steht am Scheideweg zwischen den Lehren aus der Krise zu ziehen und einer Renationalisierung des europäischen Projekts."

Den ÖVP-Verantwortlichen in Wien ist das Thema zwar unangenehm, mit Fekter ist man Kummer aber gewohnt: Bei ihren Sagern dürfe man eben nicht zimperlich sein. (ker, völ, DER STANDARD, 4.4.2012)