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Die Iberia fliegt mehrmals täglich von Wien aus direkt in die spanische Hauptstadt. Andere Fluglinien, wie Iberias Low-Cost-Tochter Vueling , Austrian, Flyniki fliegen Madrid-Ba- rajas mit einem Zwischenstopp an. Die spanische Bahn Renfe (Richtung Valladolid) bringt einen in knapp mehr als zwei Stunden von der Madrider Estación de Chamartín nach Medina del Campo. Für den um eine Stunde schnelleren Talgo-Expresszug Richtung La Coruña ist es jedoch ratsam, das Ticket online vorab zu erwerben. Allgemeine Infos zu Medina del Campo, dem Zentrum der Umzüge der Bußbrüderschaften: semanasantamedina.es

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Das jüngst rundum renovierte Thermenhotel Palacio Balneario de las Salinas (Tel.: +34/983 804 450) bietet 65 komfortable Zimmer und eine Vielzahl an Wellness-Therapien. Ruedas, fruchtig-kräftige Weißweine aus der autochthonen Verdejo-Rebe, sind passende Begleiter zu (fast) allen Speisen, sei es zum Kirchererbsen-Fasteneintopf Potaje, zu süßen Cagadillas de Gato, einem deftigen Cocido, Milchlamm oder knusprigem Spanferkel. Während die Bodega Yllera auf Tradition setzt, hat sich Lokalrivale Emina (Tel.: +34/983 80 33 46) auf Höchsttechnologie spezialisiert und hat zuletzt erstmals alkoholfreie Weiß- und Roséweine geschaffen.

Zur Osterzeit ziehen, umhüllt von Weihrauchschwaden, alljährlich Prozessionen mit ihren kunstvollen Christus- und Marienstatuen in den Szenen deren beider Lebens, Leidens und Sterbens durch Städte und Dörfer Spaniens. Jene Cofradias, denen selbst Hollywoodstar Antonio Banderas im andalusischen Málaga angehört, sind mal farbenfroh, mal schwarz. Begleitet vom Murmeln leiser Gebete, marschieren sie mitunter in tiefster Nacht auch gespenstisch stillschweigend.

Des Tags erfüllt hingegen ohrenbetäubende schwermütige Marschmusik aus Bläsern und Perkussion die Luft. Einst floss bei den Umzügen auch das Blut manch eines Mitglieds sogenannter "Bußbrüderschaften" (span. Hermandades de Disciplina). Heute gilt die Selbstgeißelung zwar weithin als verpönt, was aber keinen daran hindert, zu trommeln, bis die Handgelenke bluten, auf Knien zu rutschen, bis diese wund sind, oder eben barfuß während des zig Stunden langen Umzugs das Gewicht der Heiligen zu schultern. Soll doch Schmerz der Vergebung dienen und Gedanken klären.

Bekehrung zum rechten Glauben

Als Wiege jenes christlichen Laienbrauchtums gilt die heute 22.000 Seelen beherbergende, geschichtsträchtige Medina del Campo, unweit von Valladolid gelegen. Seine Umzüge wurden kürzlich vom spanischen Staat zu einem "Tourismusereignis internationaler Bedeutung" erhoben. Nicht weniger als 2800 sogenannte "Cofrades" aus 13 Bußbrüderschaften ziehen alljährlich an den wichtigsten christlichen Feiertagen durch die charmante Kleinstadt. Das hat seine Gründe: "Alle Prozessionen Spaniens haben ihren Ursprung im Medina del Campo", sagt David Muriel Alonso, Stadtrat für Tourismus, zum STANDARD: "Es war der Heilige Vicent Ferrer, der 1411 mit seiner 'Armee des Brotes' durch die Länder marschierte und dabei zehntausende Seelen zum rechten Glauben bekehrte", zitiert Muriel historische Quellen. Was freilich nicht selten unfreiwillig geschah. Zwangstaufen waren seinerzeit die Regel.

Im seit seiner Neueröffnung interaktiven Centro Vicent Ferrer wird Besuchern gar das holografische Eintauchen in das Spanien der finalen Phase seiner Rückeroberung durch die Heere der katholischen Könige, Fernando von Aragón und Isabel I. von Kastilien, erlaubt. Ausgestellt ist neben historischen Artefakten und Manuskripten auch manch eine der Christusstatuen - die Stars der Prozessionen. Wie ein "Cristo en los brazos de la Muerte", der im Vorjahr bei seiner Präsentation für immenses Medienecho und Empörung unter den strengsten der Katholiken Spaniens sorgte. Der in Medina del Campo lebende Bildhauer Ricardo Fletcher hatte die Plastik erst nackt geschaffen und zeigte offen den Genitalbereich von Jesus - ein Skandal. "Woraufhin ich noch rasch ein weißes Tuch nachschnitzen musste", wie Fletcher etwas verschmitzt lächelnd sagt. Der Kunde sei König, und das Letzte, was er wollte, wäre, Gefühle Gläubiger dadurch verletzt zu wissen.

Seidenfäden oder Bestechung

Medina del Campo, das historisch im Schatten des nahen Tordesillas steht, wo sich einst Spanier und Portugiesen auf päpstliche Vermittlung hin die koloniale Welt untereinander im gleichnamigen Vertrag salomonisch aufgeteilt hatten, war mit etwa 50.000 Einwohnern seinerzeit eine wahre Metropole Kastiliens - und mit seiner massigen Festung, dem nahe den Resten einer frühzeitlichen Siedlung erbauten Castillo de la Mota im maurischen Múdejar-Stil, zugleich einer der liebsten Orte von Isabella I., "der Katholischen".

Neben Johanna I. von Kastilien, Königin von Portugal, war auch der als skrupellos bekannte Cesare Borgia im imposanten Turm dieses Bollwerks eingekerkert. Der heute als Tyrann geltende Borgia soll sich gar in waghalsiger Manier auf der Flucht mit Seidenfäden abgeseilt haben, so die Legende. Doch wie so oft dominiert in der Fachwelt die Variante B: Bestechung der Wachen.

Aus dem Leben von Isabella I., die in Medina del Campo 1504 verstarb, ist eine Vielzahl persönlicher Gegenstände, wie ihr Testament im Museo Testamentario am zentralen Plaza Major de la Hispanidad aufbewahrt. Es war die Monarchin selbst, die Medina del Campo Sonderrechte im Handel gewährte. Ganz unchristlich wird hier heute sonntags eingekauft. Am Donnerstag sind dafür die Geschäfte geschlossen. Das Museo de Ferias in der ehemaligen Kirche des Heiligen Sankt Martin entführt einen zurück in die turbulenten Messetage.

Wie komplex der Geldwechsel noch in jenen Tagen war, zeigen die Waagen und Gewichtstückchen flämischer Handelsreisender. Das Museum wartet auch mit Grafiken historischer Stadtansichten - aus der Österreichischen Nationalbibliothek - auf. Wem neben dem Prozessionsspektakel in den Straßen nach Ruhe und sakraler Kunst ist, der findet in mehr als einem Dutzend Gotteshäusern, Konventen und Klöstern, die bis ins 14. Jahrhundert ausreichend Kunstschätze zur Kontemplation, wie ein Christus an eine Säule gefesselt, die Domingo Beltran 1565 anfertigte.

Auf eine Zeitreise anderer Art entführen einen die ausgedehnten Weinkeller der Yllera-Bodega aus dem 16. Jahrhundert. Enotouristen werden mit Tapas versorgt, doch nur auf Voranmeldung fürstlich bekocht, bevor es gilt, dem Faden der Ariadne durch die labyrinthartigen Gänge, stets verkostend, vom schweren, roten Ribera-del-Duero-Tropfen bis hin zu Cava-Schaumweinen, zu folgen. Dabei sind die weißen kräftig-fruchtigen Rueda-Weine der Stolz der Region. Aus der autochthonen Verdejo-Rebe gekellert, brauchen diese internationale Konkurrenz keineswegs zu scheuen, wie jüngst auch die "NZZ" in ihrem Weinblog lobte. (Jan Marot, Album, DER STANDARD, 31.3./1.4.2012)