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Berlin - Der Streit zwischen Deutschland und der Schweiz über Steuersünder aus der Bundesrepublik verschärft sich. Gut zwei Jahre nach dem Kauf einer CD mit Daten über Kunden der Bank Credit Suisse durch das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen erließen die Schweizer Behörden Haftbefehle gegen drei Finanzbeamte des Landes, wie das Finanzministerium in Düsseldorf am Samstag mitteilte.

Eine Sprecherin sagte, ihnen werde "nachrichtliche Wirtschaftsspionage" und Verstoß gegen das Bankgeheimnis vorgeworfen. Sie bestätigte damit einen Bericht der "Bild am Sonntag". Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und weitere Politiker von SPD sowie der Grünen äußerten sich empört. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht nach eigenem Bekunden aber keinen Zusammenhang mit einem geplanten Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Eidgenossenschaft.

Rechtshilfeersuchen

Die schweizerische Bundesanwaltschaft erklärte, es bestehe ein konkreter Verdacht, dass von Deutschland aus Aufträge zum Ausspionieren von Informationen der Credit Suisse erteilt worden seien. Deswegen habe man die deutschen Behörden um Rechtshilfe ersucht. Einzelheiten gab die Behörde nicht bekannt.

Der Ankauf von Daten über deutsche Steuersünder, die ihr Geld im Ausland verstecken, hat die Beziehungen zwischen Deutschland und Ländern wie der Schweiz oder Liechtenstein schon mehrfach belastet. Auch in der Bundesrepublik selbst ist der Kauf möglicherweise illegal erworbener Informationen umstritten. Nach Schätzungen von Experten liegen bis zu 200 Milliarden Euro an Schwarzgeldern aus Deutschland auf Schweizer Konten.

In dem Verfahren geht es um deutsche Kunden der Credit Suisse. Eine entsprechende CD wurde von Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010 gekauft. Später wurden den Beamten weitere Informationen zugespielt. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelte auch gegen Mitarbeiter des Kreditinstitutes. Die Bank konnte aber einen spektakulären Prozess mit der Zahlung von 150 Millionen Euro im vergangenen Jahr verhindern. In ähnlichen Verfahren hatten sich auch das Schweizer Bankhaus Julius Bär und die Liechtensteiner Fürstenbank LGT freigekauft.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Kraft sprach in der "Bild am Sonntag" von einem "ungeheuerlichen Vorgang", der die Situation schwer belaste. "Die NRW-Steuerfahnder haben nur ihre Pflicht getan, deutsche Steuerbetrüger zu jagen, die ihr Schwarzgeld auf Schweizer Bankkonten geschafft haben", sagte die SPD-Politikerin.

Ähnlich äußerte sich ihr Finanzminister Norbert Walter-Borjans. "Das ist ein absolutes Unding", sagte er am Samstag. Täter seien nicht diejenigen, die dem Steuerbetrug auf die Spur gekommen seien, sondern die, die Milliarden an Steuern hinterzögen sowie Banken in der Schweiz.

Der SPD-Politiker Walter-Borjans gehört zu den profiliertesten Kritikern eines geplanten Abkommens mit der Schweiz, mit dem zwar deutsches Schwarzgeld besteuert werden soll, das aber Steuersündern weiter Anonymität verspricht. Für das Abkommen benötigt die Regierung in Berlin die Mitarbeit der Opposition im Bundesrat. Mehreren von der SPD und Grünen geführten Ländern gehen die Regelungen aber nicht weit genug.

Schäuble sieht in dem Verfahren nach eigenen Worten aber keinen Zusammenhang mit dem Steuerabkommen. "Die Justiz in der Schweiz ist genauso unabhängig wie in Deutschland", betonte Schäuble auf einem Treffen mit EU-Ministerkollegen in Kopenhagen. Die Aussichten, für das Abkommen mit der Schweiz in bezeichnete Schäuble als "wechselhaft". Es habe aber für die beiden eng befreundeten Staaten Vorteile.

Dem Abkommen zufolge verzichten Schweizer Behörden in Zukunft darauf, Deutsche wegen des Ankaufs von Steuerdaten zu belangen. Noch sei das Abkommen aber nicht in Kraft, sagte Schäuble. Trotz des Widerstandes der Opposition setzt sein Ministerium weiter auf das Abkommen. SPD-Vertreter hatten zuletzt weitere Verhandlungen gefordert. (APA/Reuters, 31.3.2012)