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Foto: Reuters/STEFANO RELLANDINI

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Italiens Premier bezichtigte die Justiz in seinem Mailänder Korruptionsverfahren erneut der Lüge. Heute, Mittwoch, wird im römischen Senat ein Immunitätsgesetz beschlossen, das alle seine Prozesse stoppt. Berlusconi sieht einer juristisch geruhsamen EU-Präsidentschaft entgegen.

In einem überfüllten Mailänder Gerichtssaal hat sich am Dienstag Silvio Berlusconi neuerlich zu Wort gemeldet. Italiens Regierungschef stellte sich nicht Fragen der Richter oder Staatsanwälte, er holte vielmehr in einer "spontanen Erklärung" erneut zum Frontalangriff auf die Justiz aus.

Berlusconi, angeklagt ist, mehrere Richter bestochen zu haben, um sich unternehmerische Vorteile herauszuschlagen, beschuldigte alle Ankläger der Lüge. Eine Kronzeugin, die das Fließen von Schmiergeldern bezeugt hatte, sei eine "Mythomanin", sein großer Unternehmerkonkurrent Carlo De Benedetti lüge.

Dieser hatte ausgesagt, Berlusconi habe sich nur auf Geheiß des damaligen Premiers Bettino Craxi an einem zu privatisierenden Staatsunternehmen interessiert und habe dafür als Lohn seine Privat-TV- Lizenzen bekommen. Die abgehörten Aufzeichnungen mehrerer Gespräche zwischen den der Geldannahme beschuldigten Richtern durch die Finanzpolizei, in denen diese über die Zahlungen reden, sind laut Berlusconi einfach "manipuliert" worden.

Staatsanwaltschaft und Nebenkläger sahen in den Ausführungen reines "Theater", alle Bestechungsvorwürfe seien längst durch konkrete Kontobewegungen untermauert. Ein Verhör lehnte Berlusconi ab, Fragen – etwa zu den von seinem mitangeklagten Exanwalt Cesare Previti bestätigten Schwarzgeldzahlungen der Berlusconi-Unternehmen – beantworte er nur am Regierungssitz in Rom. Seinem Terminkalender zufolge habe er am 25. Juni dafür Zeit.

Doch dazu wird es nicht mehr kommen. Mittwoch wird das Parlament endgültig das Gesetz beschließen, das alle Prozesse gegen die fünf höchsten Staatsrepräsentanten Italiens stoppt. Während seiner Amtszeit als Premier ist Berlusconi damit vor den Mailänder Richtern "geschützt". Der Prozess gegen seine Mitangeklagten wird aber weitergeführt, noch im Sommer wird ein Urteil erwartet, die Staatsanwaltschaft hat für Previti, die "rechte Hand" Berlus^conis elf Jahre Haft gefordert.

Der Prozess gegen Berlusconi selbst ruht also nicht nur während der italienischen EU- Ratspräsidentschaft, er kann erst wieder im Frühjahr 2006 weitergeführt werden. Dann muss Gerichtsexperten zufolge ein neuer Senat den Fall verhandeln, der Prozess müsste damit wieder von vorne beginnen und eine Verjährung wäre wahrscheinlich. (DER STANDARD, Printausgabe 18./19.6.2003)