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Der massive Werbefeldzug für die staatlich geförderte private Pensionsvorsorge wirkt in Kombination mit den Schreckensszenarien der ASVG-Pensionsreform und den Auszahlungskürzungen der Betriebspensionen: Die Österreicher stürzen sich offenbar regelrecht auf die neuen Produkte, die eine jährliche Staatsprämie zwischen 9,5 bis 13,5 Prozent auf eine maximale Einlage von 1851 Euro pro Jahr zum Vorsorgewilligen trägt. Versicherungen und Fondsanbieter profitieren gleichermaßen. Im allgemein schlechten Zustand der Branche im vierten Jahr ungemütlicher Aktienbörsen und enttäuschter Anleger ist das für die heimischen Anbieter ein wahrer Segen.

Noch nicht enthalten sind in dieser Tabelle die jüngsten Angebote der MerKur-Versicherung und der Grawe in Kooperation mit der Landeshypo. Da praktisch täglich neue Anbieter starten, sind auch alle, bei denen die Finanzingenieure noch arbeiten (etwa die Zürich) noch nicht aufgeführt.

Unten stehende Tabelle zeigt aber ganz deutlich: Es sind zwar nicht alle Anbieter auskunftswillig, was die bis jetzt verkauften Stückzahlen und die daraus errechneten Gesamtprämienvolumen betrifft, dennoch: An die 60.000 Verträge dürften unterschrieben sein. Dass es bis Jahresende tatsächlich 140.000 bis 180.000 werden - wie die Branche selbst verkündet - scheint gar nicht mehr unrealistisch. Auch dass es dieses Produkt mit mittelfristig fünf Mio. Verträgen bald mit der Beliebtheit des Bausparens in Österreich aufnehmen kann, wirkt vor diesem Hintergrund glaublich. Die Verlockungen der Staatsprämie und die steuerfreie Auszahlung bei Verrentung in Kombination mit einer Kapitalgarantie machen den Erfolg aus.

Bei der Auswahl des Produktes sollten sich Vorsorgewillige trotzdem ein paar Punkte gut überlegen:

  • Wer sich noch nicht sicher ist, dass er wirklich bis zum Pensionsantritt in ein solches Produkt einzahlen will, kann nach zehn Jahren aussteigen und entweder den Anbieter wechseln oder das Kapital ganz wo anders investieren. Diese Rechnung geht aber nur auf, wenn im Produkt schon eine Kapitalgarantie nach zehn Einzahlungsjahren besteht. Ist das nicht der Fall, dann könnten etwa neun weitere schlechte Börsenjahre 2013 zu einem sehr bösen Erwachen führen.

  • Wer keine zusätzlichen Versicherungsleistungen braucht, sollte sich die Fondsvarianten näher anschauen, denn: Zusatzleistungen werden nicht geschenkt. Sie kosten Geld in Form von Spesen und Gebühren.

  • Wer in ein Zukunftsvorsorgeprodukt anlegt, weil er auf gute Renditen hofft, hat eine hohe Chance, dass er enttäuscht wird. Das Vehikel ist nicht auf Renditemaximierung ausgelegt. Das liegt auch an den Kosten der Kapitalgarantie.

Um den Kunden am Ende der Laufzeit das eingesetzte Kapital zurück geben zu können, auch wenn in diesem Zeitraum die Börsen gesunken sind, müssen die Anbieter ihre Portfolios "hedgen". Das kostet Geld. Zahlen muss das aber der Anleger, was bedeutet: Neben üblichen laufenden Managementkosten fallen auch jährliche Kosten für die Kapitalgarantie an. All das muss aber von der Nettorendite abgezogen werden. Aus heutiger Sicht wird dabei lediglich eine Verzinsung leicht über dem Marktniveau erreicht werden.
  • Wem nicht sympathisch ist, dass 40 Prozent des Kapitals in Wiener Aktien - oder später in Aktien der neuen EU-Mitglieder - angelegt werden, hat vermutlich lediglich ein atmosphärisches Problem. Denn die Kapitalgarantie sichert ja die Einzahlungen und zumindest in der Vergangenheit war die Wiener Börse ein zu den großen Börsenplätzen äußerst ruhiger und stabiler Hafen.

  • Wer sich noch nicht entschieden hat, steht nicht unter Druck: die Landschaft der Produkte ist in einem sehr dynamischen Entstehungsprozess. Damit entsteht auch ein ganz neuer Bereich der Finanzindustrie in Österreich mit neuen Kundengruppen. Aus deren Bedürfnissen und auch aus deren Kritik an den Angeboten sollten sich sowohl Transparenz als auch Kostentangente zum Vorteil der Kunden entwickeln. Denn: Da die Produkte noch keine Geschichte haben, können sie sich auch lediglich auf die erwartete Rendite stützen und die Anleger damit auf ihren guten Glauben an ein gutes Geldmanagement. (Karin Bauer, Der Standard, Printausgabe, 12.06.2003)