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Pál Schmitt entpuppt sich als Sesselkleber. Diesen Stuhl im Büro des österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer räumte er nach seinem Besuch im Oktober 2011 trotzdem wieder.

Foto: AP/Punz

Des Plagiats überführt, den Doktortitel aberkannt - doch einen Schmitt kann so etwas nicht erschüttern. Pál Schmitt, ungarischer Staatspräsident, ist am Freitag nicht von seinem Amt zurückgetreten. Im TV-Interview, das im Parlamentsgebäude aufgezeichnet und am Abend ausgestrahlt wurde, erklärte Schmitt: "Mein Gewissen ist rein. Ich habe meine Dissertation nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt."

Dabei hatte die Budapester Semmelweis-Universität für Medizinwissenschaften dem rechts-konservativen Staatsoberhaupt erst am Vortag die akademische Würde entzogen. Schmitt hatte seine Dissertation über die Geschichte der olympischen Bewegung 1992 fast zur Gänze von anderen Autoren abgeschrieben. Die diesbezüglichen Enthüllungen des Wochenmagazins HVG, das 197 von 215 Seiten der Schmittschen Doktorarbeit als Plagiat identifiziert hatte, waren am Dienstag von einer Expertenkommission der Uni bestätigt worden.

Im Lager von Orbáns Regierungspartei Fidesz (Bund Junger Demokraten) trat infolgedessen ein bemerkenswerter Stimmungsumschwung ein. Das Fidesz-Sprachrohr Magyar Nemzet legte bereits am Donnerstag Schmitt den Rücktritt nahe. József Pálinkás, der Präsident der Akademie der Wissenschaften und Unterrichtsminister in Orbáns erster Regierung, forderte gleichfalls Schmitts Rücktritt.

Doch wichtige Fragen entscheidet der rechts-populistische Ministerpräsident Viktor Orbán, zugleich auch Fidesz-Chef, stets allein. Schmitt, ein ehemaliger Olympia-Fechter und schon im Kommunismus ein hochrangiger Sportfunktionär, war stets seine Kreatur. In das höchste Staatsamt hievte ihn Orbán im Sommer 2010, schon damals gegen Widerstände aus den eigenen Reihen. Der Fidesz-Mitgründer und Parlamentspräsident László Kövér soll Schmitt damals als einen "Paprika-Jancsi" - die ungarische Spielart des Wiener Kasperls - bezeichnet haben.

In den 20 Monaten seiner Amtszeit erwies sich der Bewohner des Budaer Sándor-Palais als Orbáns williger Erfüllungsgehilfe. Ohne Wimpernzucken signierte er jedes Gesetz, das man ihm per Expressboten aus dem Parlament auf die Burg hochschickte, was ihm die Spottbezeichnung "nationaler Kugelschreiber" einbrachte. (Gregor Mayer aus Budapest /DER STANDARD, 30.3.2012)