Egal wie man es formuliert, man bekommt Earl Grey mit Milch serviert.

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Seit Jahren immer wieder beobachtet: Man bestellt "einen Tee mit Milch, bitte!", und bekommt Earl Grey vorgesetzt. Eigentlich kein Grund zur Beschwerde, denn in die Kategorie "Tee" fällt vieles.

So könnte man anhand dieser Bestellung auch grünen Tee mit Milch oder Pfefferminztee mit Milch serviert bekommen. Selber schuld, wer sich so unkonkret ausdrückt. Tee scheint in der österreichischen Gastronomie ganz einfach Tee zu sein. Überhaupt in der Provinz, abseits klassischer Kaffeehäuser.

Weshalb wir seit einiger Zeit dazu übergegangen sind, vor allem dann, wenn wir Wien verlassen, einen "schwarzen Tee mit Milch" zu bestellen. Das Ordern eines "russischen Tees mit Milch" hat sich übrigens nicht bewährt, da nur noch Servicepersonal 50 plus in der Lage ist, den Begriff zu verstehen.

Warum immer Earl Grey?

"Bitte einen schwarzen, also einen russischen Tee mit Milch", bestellen wir also gleich doppelt vorbeugend im Wiener Café im oberösterreichischen Gmunden. Prompt kommt der Earl-Grey-Beutel daher und schwimmt auch schon im heißen Wasser. Was wir gegen Earl Grey haben? Das, dass er aromatisiert ist, und das, dass man ihn mögen muss.

Wir haben uns bereits an ihn gewöhnt, verstehen aber trotzdem die Service-Welt nicht: Warum bringt sie stets Earl Grey mit Milch und nicht zur Abwechslung einmal Jasmintee oder gar Kirschblütentee? Ingwertee oder zumindest Lady Grey? Bei all diesen Sorten handelt es sich um aromatisierten Schwarztee. Vielleicht verbirgt sich in den Lagerhallen der Gastronomiezulieferer ein gigantischer Berg an Earl Grey, der verbraucht werden muss?

Strategiewechsel mit vorhersagbarem Ausgang

Ein Strategiewechsel ist angesagt: Ab jetzt lautet die Bestellung: "Einen nicht aromatisierten Schwarztee mit Milch, bitte."

Auf die Gesichter im Service sind wir gespannt. Auf diejenigen, für die nicht aromatisierter Schwarztee mit Milch sowieso etwas Selbstverständliches ist, womit die Bestellung zu einer peinlichen Bestellung gerät. Sowie auf diejenigen, auf denen sich generelles Unverständnis für die Begriffe "aromatisiert" und "nicht aromatisiert" spiegelt, womit die Bestellung ebenfalls peinlich wird. Am besten vielleicht, wir bestellen "einen schwarzen Tee mit Milch, bitte, aber keinen Earl Grey"?

PS zur Heißgetränke-Kultur in der Großstadt: In einem kleinen Wiener Vorstadtbeisl bestellten wir im Winter einen Glühwein. Und erhielten eine Tasse mit heißem Wasser, in der ein Glühfix-Beutel hing. Auf die Frage, wo denn der Wein sei, meinte die Kellnerin, auf den Beutel deutend: "Das ist der Glühwein." Sie zeigte sich allerdings recht erfreut über unsere Aufklärungsarbeit, das muss man ihr zugutehalten. (red, derStandard.at, 4.4.2012)