Die Weiterbildungslandschaft in Österreich ist unübersichtlich, daher müssen Bildungsberater gut ausgebildet sein.

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Auskunft über individuell passende Weiterbildungen, Information zu bestimmten Kursen, finanzielle Förderungsmöglichkeiten und die Entwicklung neuer Berufsperspektiven - das sind die häufigsten Erwartungen an Bildungsberatung, erhoben vom Europäischen Sozialfonds (ESF) im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur.

Momentan sorgen österreichweit laut einer vom AMS beauftragten Befragung zwischen 8.000 und 10.000 Personen für die Beratung Weiterbildungswilliger. Die Professionalität der Berufssparte soll konsequent vorangetrieben werden. Bis 2014 soll sich ein hochwertiges Netzwerk etabliert haben, das die Beratungsqualität sichert, so Regina Bath vom Unterrichtsministerium am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. 

Dachmarke für Professionalität

Die neue, seit 2011 existierende Dachmarke "9+1" soll über das Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (BIFEB) Qualitätsstandards sichern. Dazu gibt es in jedem Bundesland Projektnetzwerke. Rund 150 Bildungsberater verschiedener Institutionen sind bereits in dem neuen Netzwerk tätig. Rund 40 zertifizierte Institutionen, die nachweisen müssen, dass ihre Berater gut ausgebildet sind, sind momentan registriert. 

Ziel sei es, dass bis 2013 zumindest die Hälfte der Bildungs- und Berufsberater ein Diplom aus dem Bereich beziehungsweise einen spezifischen universitären Lehrgang abgeschlossen hat, so Barth. Außerdem wurde ein entsprechendes Standardisierungs- und Anerkennungsverfahren an der Weiterbildungsakademie Österreich entwickelt. Das BIFEB bietet dafür etwa einen zweijährigen Lehrgang universitären Charakters an. Die Kosten belaufen sich auf 2.850 Euro. Zur Qualitätssicherung gehört auch, dass die ausgebildeten Berater sich laufend weiterbilden.

Bildungs-, Berufs- und Laufbahnberater arbeiten auf breiter Schiene: etwa im AMS-Kontext, in Einrichtungen der Erwachsenenbildung, in Beratungsstellen für Mädchen und Frauen, für Migranten oder für Menschen mit Handicap. Tätig sind sie auch an Schulen, Universitäten oder eigens geschaffenen anbieterneutralen regionalen Beratungseinrichtungen.

Auf Angebot aufmerksam machen

Das Beratungsangebot wird zwar immer besser angenommen - 2011 registrierte das Netzwerk 37.000 Beratungskontakte, davor waren es knapp die Hälfte. Dennoch ortet Bildungsexpertin Erika Kanelutti-Chilas von in between (Verein für Vernetzung, Forschung und Wissenstransfer) großen Aufholbedarf in puncto Bekanntmachung von Bildungsberatung in der breiten Bevölkerung: "Viele Menschen wissen nicht, dass es diese Angebote überhaupt gibt."

Der niederschwellige Zugang sei daher das Um und Auf. Informationsfolder, die unter anderem bei Ärzten aufliegen, Chatmöglichkeiten und Online-Kontakt im Internet sowie persönliche Beratung Face to Face oder per Telefon sollen Menschen auf die Möglichkeit einer anonymen, anbieterneutralen Beratung aufmerksam machen - und das flächendeckend auch in weniger zentralen Regionen. Von der Bildungsinfo Tirol gibt es für die besonders unverbindliche Kontaktaufnahme ein Gassenlokal, das auch mehr Männer anspricht, die "Beratungsmuffel" seien, so Kanelutti-Chilas. Zwei Drittel der Beratungssuchenden sind nämlich Frauen in der Altersgruppe der 25- bis 45-Jährigen.

Ziele für die kommenden Jahre

Für die kommenden drei Jahre sind über 130.000 Beratungen geplant, heißt es von der Abteilung für Erwachsenenbildung im Ministerium. Neben der Professionalisierung der Beratungsleistungen sollen mit "9+1" in den kommenden Jahren die Einbindung möglichst vieler Institutionen, eine breite regionale Verteilung der Anlaufstellen und die Ansprache möglichst vieler und unterschiedlicher Zielgruppen erreicht werden. Die finanziellen Mittel dafür kommen aus dem Unterrichtsministerium und dem Europäischen Sozialfonds beziehungsweise von den Bundesländern. 

Am 26. und 27. April beschäftigt sich eine vom BIFEB organisierte Fachtagung in St. Wolfgang (OÖ) wissenschaftlich mit Erwachsenenbildung. Das Thema "Identität" - sowohl im Sinne des beruflichen Selbstverständnisses als auch bezogen auf die Anliegen der Beratungssuchenden - ist die Leitlinie der Tagung. (Marietta Türk, derStandard.at, 28.3.2012)