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Ein Awacs-Aufklärungsflieger über Libyen. An Ressourcen zur Aufklärung mangelt es der NATO.

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Einer der beiden Autoren: NATO-Admiral James Stavridis.

Foto: REUTERS/Tobias Schwarz

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Der andere: Ivo H. Daalder (r.), hier im Gespräch mit NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen.

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Mehr als ein Jahr ist es her, dass am 17. März 2011 die Resolution 1973 mit zehn Ja-Stimmen und fünf Enthaltungen den UNO-Sicherheitsrat passierte. Die militärischen Vorbereitungen hatten da schon lange begonnen, so dass bereits am 19. März die ersten Angriffe mit Kampfjets geflogen werden konnten. Wenige Tage später, am 23. März, wurde die libysche Luftwaffe als ausgeschaltet gemeldet. Der Rest ist Geschichte: Gaddafi wurde mitsamt seiner Schreckensherrschaft aus dem Amt gejagt, auf der Flucht wurde er von einem Aufständischen getötet. Vertreter der Rebellen haben die politische Macht übernommen.

Im Artikel "NATO's Victory in Libya: The Right Way to Run an Intervention" (hier als PDF) des Fachmagazins "Foreign Affairs" üben sich nun zwei führende Vertreter der Intervention in Selbstkritik. Ivo H. Daalder, Botschafter der USA bei der NATO, und James Stavridis, Oberkommandeur des NATO-Kommandos für Europa, preisen den Militäreinsatz dabei als "Modellintervention". Die Allianz habe schnell auf eine sich verschlimmernde Situation reagiert, die Hunderttausende Zivilisten bedrohte.

Rolle der NATO unbestritten

Das Fazit des Textes: Das Bündnis fühlt sich in seiner Wichtigkeit bestärkt. Nur durch die NATO habe die Intervention so schnell und gut koordiniert ablaufen können, wie sie eben abgelaufen ist. Ein für jeden Einzelfall aufs neue zu kreierende ad-hoc-Bündnis könne nie so effektiv arbeiten wie die NATO, die bei der Operation "Unified Protector" die Aktionen von 18 Ländern - 14 Mitgliedern und vier "Partnern" - koordinierte.

Auch wenn die "politische Einigkeit" besser werde, gebe es hier aber noch Nachholbedarf. Hier wird auch Deutschland ausdrücklich gelobt, das sich im UNO-Sicherheitsrat bei der Resolution 1973 seiner Stimme enthalten hatte. Berlin habe durch eine verstärkte Luftüberwachung über Afghanistan dazu beigetragen, dass andere Länder dadurch frei gewordene Ressourcen über Libyen nutzen konnten.

Lob kassiert aber vor allem ein Land: Die USA. Ohne US-Beteiligung wäre die Intervention in dieser Art und Weise nicht durchführbar gewesen, führen die Autoren ins Feld. Die USA hatten in den ersten Tagen der Operation die Führungsrolle, traten aber schnell ins zweite Glied und überließen der NATO diese Rolle. Daraus resultiert die Forderung der beiden Autoren nach einer besseren Infrastruktur für den Nordatlantikpakt.

Neue Drohnen für die NATO

In Libyen war die NATO vor allem in puncto Aufklärung von den USA abhängig. Mit kleinen Schritten sollen hier Verbesserungen erfolgen. Gestartet wird mit dem Kauf von fünf Global Hawk-Drohnen von Northrop-Grumman - gerade die Mission in Libyen habe gezeigt, wie wichtig Aufklärungsressourcen in einem modernen Konflikt seien, hieß es damals.

Zudem warnen Stavridis und Daalder vor einer Art "NATO der zwei Klassen"; diese könnte entstehen, wenn ein paar Länder sich auf Peacekeeping-Missionen beschränken und die andere "die Bürde des Kampfes", wie es im Artikel pathosgeladen heißt, tragen muss - eine indirekte Aufforderung an Länder wie das wenige Seiten zuvor gelobte Deutschland, Eskapaden wie die Enthaltung im Sicherheitsrat zukünftig zu unterlassen.

US-Forderung nach stärkerer Rolle Europas

Vor allem die USA stehen hinter der politischen Forderung nach einer stärkeren Involvierung Europas. Sowohl Verteidigungsminister Leon Panetta als auch sein Vorgänger Robert Gates hatten bei unterschiedlichen Anlässen darauf hingewiesen, dass die NATO ein stärkeres Europa brauche. Dahinter stecken die Zahlen: Die USA verringern ihr Militärbudget in den kommenden Jahren um mehrere hundert Milliarden US-Dollar und können bzw. wollen sich die bisherige Präsenz auf Dauer nicht mehr leisten.

Der Artikel und dessen Zeitpunkt kommen auf jeden Fall nicht von ungefähr: In wenigen Wochen findet in Chicago ein Gipfel der NATO statt, bei dem all die kritisierten Punkte diskutiert werden. Auf dem Programm stehen unter anderem der Abzug der internationalen Schutztruppe aus Afghanistan, eine verbesserte Leistungsfähigkeit bei global sinkenden Rüstungsbudgets ("smart defense"), der Raketenschild sowie verbesserte und erneuerte Partnerschaften mit anderen Ländern. (Florian Gossy, derStandard.at, 14.04.2012)